Gehört zu: Vektoranalysis
Siehe auch: Allgemeine Relativitätstheorie, Koordinatensysteme, Vektorbasis, Tensoren, Gekrümmter Raum
Der Metrik-Tensor
Stand: 26.10.2021
Youtube-Videos von Prof. Paul Wagner:
Wir betrachten eine Riemansche Manigfaltigkeit; d.h. eine Punktmenge mit einem Koordinatensystem. Zu so einem Koordinatensystem, gehört ein Metrik-Tensor, der uns auch ein Linienelement definiert und damit so etwas wie eine Metrik.
Wir kommen aber nicht in einem Schritt von einem Koordinatensystem zu einem Metrik-Tensor, sondern betrachten zunächst, wie ein Koordinatensystem eine Vektorbasis definiert. Zu so einer Vektorbasis haben wir dann einen Metrik-Tensor.
Schlussendlich wollen wir ja Vektorfelder beschreiben. Dabei handelt es sich ja um eine Abbildung von Raumpunkten auf Vektoren. Dabei wird der Raumpunkt durch seine Koordinaten im Koordinatensystem und der Vektor durch seine Komponenten bezügliche “seiner” Vektorbasis beschieben. Wenn wir dann beispielsweise die Veränderung eines Vektors bei kleinen Veränderungen des Raumpunkts untersuchen, müssen wir nicht nur die Veränderung der Vektorkomponenten, sondern ggf. auch die Veränderung der Basisvektoren berücksichtigen, da die Basisvektoren ja im Allgemeinen (z.B. bei krummlinigen Koodinaten) auch vom Ort im Raum abhängig sein werden.
Das wird uns dann zur sog. Kontravarianten Ableitung führen.
Koordinatensystem und Vektorbasis
Zu einem Koordinatensystem bekommmen wir nämlich zwei möglicherweise verschiedene Vektorbasen:
1) Die Basisvektoren sind tangential zu den Koordinatenlinien: sog. kovariante Basis
2) Die Basisvektoren stehen normal (senkrecht) auf den Koordinatenhyperflächen: sog. kontravariante Basis
Bei Chartesischen Koordinaten sehen wir Besonderheiten:
- Kovariante Vektorbasis = Kontravarinate Vektorbasis
- Die Vektorbasis ist unabhängig vom betrachteten Raumpunkt, also überall die gleiche.
Bei nicht-chartesischen Koordinatensystemen (sog. krummlinigen) wird das beides anders sein.
Bei solchen nicht-chartesischen Koordinaten, die wir als “allgemeine Koordinaten” bezeichnen, verwenden wir im allgemeinen die Symbole qi (i=1,2,..). Diese “allgemeinen Koordinaten” nennt man, um den Gegensatz zu den Chartesischen Koordinaten deutlich zu machen, auch gerne krummlinige Koordinaten.
Wir betrachten nun einen Raum mit den allgemeinen (krummlinigen) Koordinaten: \( q^\alpha \) mit α =1,2,…,n und einem hilfsweise dahinterliegenden Chartesischen Koordinaten: \( x^i \) mit 1= 1,2,….n.
Als Hilfsmittel ziehen wir anfangs gerne die Chartesischen Koordinaten hinzu, wo wir dann im Fall von beliebig vielen Dimensionen die Symbole xi (i=1,2,…) verwenden, oder bei zwei und oder drei Dimensionen, manchmal auch: x,y,z.
Die kovarianten Basisvektoren nennen wir:
\(\Large {\vec{g}}_\alpha \) wobei α=1,2,..,n
Diese Basisvektoren sind Tangenten an die Koordinatenlinien. Demnach sind die Komponenten (i=1,2,…n) dieser Basisvektoren im Chartesischen Koordinatensystem:
\(\Large \left( \vec{g}_\alpha \right)^i = \frac{\partial x^i}{\partial q^\alpha} \)
Die kontravarianten Basisvektoren nennen wir:
\(\Large {\vec{g}}^{\,\alpha} \) wobei α=1,2,..,n
Diese Basisvektoren sind Normalen auf den Koordinatenhyperflächen. Demnach sind die Komponenten (i=1,2,…n) dieser Basisvektoren im Chartesischen Koordinatensystem:
\( \Large \left( {{\vec{g}}^{\,\alpha}} \right)^i = \frac{\partial q^\alpha}{\partial x^i} \)
Vektorbasis und Metrik-Tensor
Wenn wir eine Vektorbasis gefunden haben; z.B.:
Eine Vektorbasis: \( \vec{g}_\alpha \) (α= 1,2,…,n)
Erhalten wir zu dieser Vektorbasis den dazugehörigen Metrik-Tensor als: \( \left(g_{ij}\right) = \vec{g}_i \cdot \vec{g}_j \)
Merke: Zu einer Vektorbasis haben wir einen Metrik-Tensor.
Die Riemann-Metrik
Wir können auf einer Riemannschen Mannigfaltigkeit ein Tensor-Feld \( g_{ij} \) definiert haben, mit dem wir einen Abstandsbegriff (d.h. eine Metrik) definieren; genauer gesagt, mit dem wir die Länge einer Kurve in der Mannigfaltigkeit definieren wie folgt:
\(\Large s = \int\limits_{t_a}^{t_b} \sqrt{g_{ij}\frac{dq^i}{dt}\frac{dq^j}{dt}} \, dt \)
So einen Tensor \( g_{ij} \) nennen wir Metrik-Tensor.
Allgemeine Weisheiten zum Metrik-Tensor
Der Metrik-Tensor ist also ein Tensor-Feld, das auf einer Riemannschen Mannigfaltigkeit definiert ist.
- Wenn der Metrik-Tensor Elemente konstant sind (also nicht vom Ort abhängen) ist der Raum ein flacher Raum. Es kann dafür auch eine geeignete Koordinaten-Transformation benutzt werden.
- Wenn die Komponenten des Metrik-Tensors aber vom Ort abhängen (keine Koordinaten-Transformation kann sie konstant machen), ist der Raum ein gekrümmten Raum.
- So ein gekrümmer Raum kann in einen höherdimensionalen euklidischen (flachen) Raum eingebettet sein (z.B. die zweidimensionale Kugeloberfläche) muss es aber nicht.
- Ein Euklidischer Raum, ist ein flacher Raum bei dem der Metrik-Tensor die Einheitsmatrix ist bzw. alle Diagonalelemente positiv sind.
Beipiel 1: Chartesische Koordinaten
Das Linienelement ist:
\( ds^2 = d{x_1}^2 + d{x_2}^2 + d{x_3}^2 + … \)
Also:
\( ds^2 = \sum\limits_{i=1}^{n}{{dx_i}^2} \)
Der Metrik-Tensor ist dabei ja ein Tensor vom Rang 2 und ist in diesem chartesischen Falle identisch mit der Einheitsmatrix (beispielsweise mit 3 Dimensionen):
\(\Large (g_{ij}) = \left[ \begin{array}{rrr} 1 & 0 & 0\\ 0 & 1 & 0 \\ 0 & 0 & 1 \end{array} \right] \\\)
Dieser Metrik-Tensor definiert dann unser Linienelement:
\( (ds)^2 = \sum\limits_{i=1}^n{\sum\limits_{j=1}^n{dx_i dx_j g_{ij}}} \)
Oder in der Einsteinschen kompakten Schreibweise (mit der sog. Summenkonvention):
\( (ds)^2 = g_{ij} dx^i dy^j \)
Beispiel 2: Ebene Polarkoordinaten
Im zweidimensionalen Euklidischen Raum (Ebene) haben wir als Chartesische Koordinaten: x1 = x, x2 = y
Als krummlinigen Koordinaten nehmen wir Polarkoordinaten: q1 = r und q2 = φ
Zum Rechnen verwenden wird als Hilfsmittel gern die Chartesischen Koordinaten. Damit haben wir Koordinaten-Transformationen in beiden Richtungen:
\( x = r \cdot \cos{\phi} \\ \\ y = r \cdot sin{\phi} \)
Und in der anderen Richtung ist:
\( r = \sqrt{x^2 + y^2} \\ \phi =\arctan{\frac{y}{x}} \)
Zu diesen Koordinaten erhalten wir als kovariante Vektorbasis (Basis Vektorsystem):
\( \left( \vec{g}_\alpha \right)^i = \frac{\partial x^i}{\partial q^\alpha} \)
Zu diesen kovarianten Basisvektoren bekommen wir als kovarianten Metrik-Tensor:
\( \left(g_{ij}\right) = \left[ \begin{array}{rr} 1 & 0 \\ 0 & r^2 \end{array} \right] \\\)
Wobei dieses Beispiel zeigt: (1) Der Metrik-Tensor ist ortsabhängig und (2) Die zugrundeliegende Vektorbasis ist zwar orthogonal, aber nicht orthonormal.
Und entsprechend das kovariante Linienelement:
\( (ds)^2 = dr^2 + r^2 d\phi^2 \\ \)
Zu diesen Koordinaten erhalten wir als kontravariante Vektorbasis:
\( \left( {{\vec{g}}^{\,\alpha}} \right)^i = \frac{\partial q^\alpha}{\partial x^i} \\\)
Zu diesen kontravarianten Basisvektoren bekommen wir als kontravarianten Metrik-Tensor (wir können die Komponenten des kontravarianten Metrik-Tensors ausrechnen oder nehmen einfach das Inverse des kovarianten Metriktensors):
\( \left(g^{ij}\right) = \left[ \begin{array}{rr} 1 & 0 \\ 0 & \frac{1}{r^2} \end{array} \right] \\\)
Und entsprechend das kontravariante Linienelement:
\( (ds)^2 = dr^2 + \frac{1}{r^2} d\phi^2 \)
Wir sehen auch, dass die beiden Metrik-Tensoren invers zueinander sind.
Beispiel 3: Zylinderkoordinaten
Im dreidimensionalen euklidischen Raum können wir neben den Chartesischen Koordinaten x ,y, z die Zylinderkoordinaten (r, φ, z) betrachten.
Dies sind also allgemeine (krummlinige) Koordinaten mit \( q^1 = r, \, q^2 = \phi, \, q^3 = z \)
Aufgrund der Koordinaten-Transformationen bekommen wir:
Für den kovarianten Metrik-Tensor:
\( \left(g_{ij}\right) = \left[ \begin{array}{rrr} 1 & 0 & 0 \\ 0 & r^2 & 0 \\ 0 & 0 & 1 \end{array} \right] \\\)
Und entsprechend das kovariante Linienelement:
\( (ds)^2 = dr^2 + r^2 d\phi^2 + dz^2 \\ \)
Und für den kontravarianten Metrik-Tensor bekommen wir:
\( \left(g_{ij}\right) = \left[ \begin{array}{rrr} 1 & 0 & 0 \\ 0 & \frac{1}{r^2} & 0 \\ 0 & 0 & 1 \end{array} \right] \\\)
Und entsprechend das kontravariante Linienelement:
\( (ds)^2 = dr^2 + \frac{1}{r^2} d\phi^2 + dz^2 \)
Wiederum sehen wir auch, dass die beiden Metrik-Tensoren invers zueinander sind.
Beispiel 4: Kugelkoordinaten
Im dreidimensionalen euklidischen Raum können wir neben den Chartesischen Koordinaten x, y, z die Kugelkoordinaten (r, θ, φ) betrachten.
Dies sind also allgemeine (krummlinige) Koordinaten mit \( q^1 = r, \, q^2 = \theta, \, q^3 = \phi \)
Als kovariante Vektorbasis bekommen wir wieder die Tangenten an die Koordinatenlinien, also an die “Radialachse” (Zenith/Nadir), die “Meridiane” (Nord/Süd) und die “Breitenkreise” (Ost/West).
Als kovarianten Metrik-Tensor bekommen wir:
\( \left(g_{ij}\right) = \left[ \begin{array}{rrr} 1 & 0 & 0 \\ 0 & r^2 & 0 \\ 0 & 0 & r^2 \sin^2 \theta \end{array} \right] \\\)
Und entsprechend das kovariante Linienelement:
\( (ds)^2 = dr^2 + r^2 d\theta^2 + r^2 \sin^2 \theta \, d\phi^2 \\ \)
Und als kontravarianten Metrik-Tensor bekommen wir:
\( \left(g_{ij}\right) = \left[ \begin{array}{rrr} 1 & 0 & 0 \\ 0 & \frac{1}{r^2} & 0 \\ 0 & 0 & \frac{1}{r^2 \sin^2 \theta} \end{array} \right] \\\)
Und entsprechend das kontravariante Linienelement:
\( (ds)^2 = dr^2 + \frac{1}{r^2}d\theta^2 + \frac{1}{r^2 \sin^2 \theta}d\phi^2 \)
Wiederum sehen wir auch, dass die beiden Metrik-Tensoren invers zueinander sind.
Beispiel 5: Kugeloberfläche
Die Oberfläche einer Kugel mit dem (festen) Radius R ist ein zweidimensionaler Raum, wo wir als Koordinatensystem gut mit dem entsprechenden Teil der Kugelkkordinaten arbeiten können.
Also mit den allgemeinen (krummlinigen) Koordinaten mit \( q^1 = \theta, \, q^2 = \phi \), was also auf der Erdoberfläche prinzipiell der geografischen Breite und der geografischen Länge entsprechen würde.
Als kovariante Vektorbasis bekommen wir wieder die Tangenten an die Koordinatenlinien, also an die “Meridiane” (Nord/Süd) und die “Breitenkreise” (Ost/West).
Der Metrik-Tensor ergiebt sich dann ganz analog aus dem Vorigen:
Als kovarianten Metrik-Tensor bekommen wir:
\( \left(g_{ij}\right) = \left[ \begin{array}{rr} R^2 & 0 \\ 0 & R^2 \sin^2 \theta \end{array} \right] \\\)
Und entsprechend das kovariante Linienelement:
\( (ds)^2 = R^2 d\theta^2 + R^2 \sin^2 \theta \, d\phi^2 \\ \)
Der so definierte Riemansche Raum (Kugeloberfläche mit dem o.g. Koordinatensystem) ist ein Nichteuklidischer Raum, wie wir sehen werden. Zur Geometrie in solchen Nichteuklidischen Räumen haben wir ja noch nichts gesagt; aber die Standard-Weissheit ist ja die Winkelsumme im Dreieck und…