Physik: Ideales Gas – Thermodynamik

Gehört zu: Thermodynamik
Siehe auch: GeoGebra, Hertzsprung-Russel-Diagramm, Hydrostatisches Gleichgewicht, Wäremepumpe
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Stand: 16.10.2022

Ideales Gas

ist ein hinreichend verdünntes Gas, sodass ausser bei Kollisionen von Molekülen (als elasischer Stoß) keinerlei Wechselwirkung zwischen ihnen geschieht.
Das bedeutet u.a., dass wir weit entfernt von Phasenübergängen (fest – flüssig – gasförmig) sein müssen.

Zur Idealisierung gehört auch, dass die Gasmoleküle als Punktmassen verstanden werden können. D.h. für die Bewegung hat man nur die drei Freiheitsgrade der Translation, keine Rotation und keine Oszillation.

Neben dem hier beschriebenen “Idealen Gas” gibt es natürlich auch ein Nichtideales Gas und auch ein Entartetes Gas und noch schlimmer ein Relativistisches entartetes Gas. Diese Begriffe werden gerne bei der Untersuchung von sog. Elektronengas benutzt.

Bei einem “Idealen Gas” gilt als Zustandsgleichung die sog. “Ideale Gasgleichung” (s.u.). Bei einem entarteten Gas hängt die Zustandsgröße Druck nicht mehr von der Temperatur ab, sondern nur noch von der Dichte.

Links:

Boyle-Mariotte

Robert Boyle und Edme Mariotte fanden unabhängig von einander 1662 bzw. 1676  das nach ihnen benannte Boyle-Mariotte’sche Gesetz:

\( p \cdot V = const. \\\ \)

Wobei die Temperatur konstant gehalten wird (und auch die Stoffmenge) und zwar dadurch dass man die Veränderungen im Volumen ganz langsam durchführt, sodass immer wieder das thermodynamisches Gleichgewicht mit der Umgebung erhalten bleibt.

Siehe auch: GeoGebra

Abbildung 1: Das Boyle-Mariottesche Gesetz  (Github: Boyle-Marriot-Gesetz.svg)

Boyle-Marriot-Gesetz.svg

Boyle-Marriot-Gesetz (GeoGebra Classic)

Gay-Lussac

Wenn man nun den Druck konstant hält (und auch die Stoffmenge gleich bleibt) und dann die Temperatur variiert, bekommt man das Gay-Lussac (1787-1850) Gesetz.
Lord Kelvin (1824-1907) hatte 1848 die absolute Temperaturskala vorgeschlagen, wodurch sich das Gay-Lussac’sche Gesetz sehr einfach in seiner heutigen Form schreiben lässt:

\( \frac{V}{T} = const. \\\ \)

Wobei hier T die absolute Temperatur ist …

Siehe auch: GeoGebra

Abbildung 2: Das Gay-Lussacsche Gesetz (Github: Gay-Lyssac-Gesetz.svg)

Gay-Lussac-Gesetz.svg

Gay-Lussac-Gesetz – Dietrich Kracht 21.3.2021 GeoGebra Classic

Amontos

Der fanzösische Physiker Guillaume Amontos (1663-1705) entdeckte schon sehr früh die Proportionalität von Druck und Temperatur – bei konstantem Volumen und konstanter Stoffmenge.

\( \frac{p}{T} = const. \)

Avogadro

Auf Amadeo Avogadro (1776-1856) geht zurück:

\( \frac{V}{n} = const. \\ \)

Wenn man also den Druck und die Temperatur konstant hält, ist das Volumen V proportional zur Stoffmenge n.

Ideale Gasgleichung

Zusammengefasst (Boyle-Mariotte, Gay Lussac, Amontis, Avogadro), ergibt sich:

\( \frac{p \cdot V}{n \cdot T} = const. \\\)

Etwas umgeschrieben ist das die berühmte Zustandsgleichung für ideale Gase:

\( p \cdot V = n \cdot R \cdot T   \\ \)

Dabei ist p der Druck, V das Volumen, n die Stoffmenge (messen wir in mol), R die allgemeine Gaskonstante (8,3145 Joule/(mol*Kelvin)) ist und T die absolute Temperatur ist.
Interessant dabei ist, dass dies unabhängig von der Art des Gases ist – also Helium, Stickstoff etc.  Es muss einfach nur ein “ideales Gas” sein. Umgekehrt sagen wir, ein Gas ist dann “ideal”, wenn es dieser Gleichung genügt.

Wenn wir die Stoffmenge n mit der Avogadroschen Zahl N (6,02214076 1023 mol-1) in eine Teilchenzahl N umrechnen, also:

\( N = N_A \cdot n \)

bekommen wir als Gasgleichung (mit der Avogadroschen Zahl):

\( p \cdot V = N \cdot \frac{R}{N_A} \cdot T   \\\ \)

Später werden wir sehen, dass \( \frac{R}{N_A} = k_B \) die sagenhafte Boltzmann-Konstante ist.

Anwendung der idealen Gasgleichung

Masse und Stoffmenge

Häufig kommt es vor, dass wir die Masse kennen und daraus aber die Stoffmenge ermitteln müssen.

Hilfreich ist dabei die mittlere molare Masse des betrachteten Gases:

\( \mu = \frac{Masse}{Stoffmenge} \\\)   (also in kg/mol)

Die Masse von Atomen bekommt man aus dem Periodensystem (in sog. Atomaren Einheiten). Allerdings steht dort das Mittel aus den in der Natur vorkommenden Isotopen, gewichtet mit ihren natürlichen Häufigkeiten.
Für Moleküle muss man die Massen der enthaltenen Atome addieren. Die so ermittelte Atommasse eines Moleküls ist in sehr guter Näherung die Masse von einem Mol in Gramm (Beispiele s.u.).

Abbildung 3: Periodensystem der Elemente (aus Google gemeinfrei https://de.wikipedia.org/wiki/Periodensystem)

Die Atommasse wird in sog. “atomaren Einheiten” mit dem Formelzeichen “u” angegeben. 1 u ist definiert als 1/12 der Masse eines isolierten  12C-Atoms im Grundzustand.
Wenn wir die Masse eines 12C-Atoms messen, erhalten wir damit die Umrechnung in Gramm:

\( 1u = 1,66053906660*10^{-24}g \)

Um die Molare Masse eines Stoffes zu ermitteln, müssen uns fragen, welche Masse 1 mol des betrachteten Stoffes hat. Dazu ermitteln wir die Masse (Atommasse) eines Moleküls und multiplizieren die mit der Anzahl Moleküle in 1 mol, also mit der Avogadroschen Zahl NA = 6,02214076*1023 mol-1.

Die folgenden Beispiele wurden angeregt durch:

Abbildung 4: Ideale Gasgleichung

Beispiel: Methan CH4

Aus dem Periodensystem bekommen wir die Atommassen.
Ein Kohlenstoffatom (C) hat die Atommasse 12,011u  (gewichtetes Mittel der natürlichen C-Isotope)
Vier Wasserstoffatome (H) haben die Atommasse 4 x 1,0080u
Zusammen hat also ein Molekül Methan eine Atommasse von 16,033u = 26,62343782*10-24 g
Multipliziert mit der Avogadroschen Zahl (der Anzahl Molekülen in 1 mol), ergibt das: 16,033 g

Was sagt uns das?

Erstens sehen wir, dass die neue Definition der Einheit mol im SI-System von 2019 “1 mol = eine Stoffportion bestehend aus NA Teilchen” gut übereinstimmt mit der alten Definition “1 mol = Atommasse in Gramm”.

Zweitens können wir jetzt mit der Gasgleichung ausrechnen, wieviel Volumen unser Methan unter “Laborbedingungen” (20° C und 1 atm) einnimmt.

Als Beispiel nehmen wir:

  • Masse Methan: m = 0,1 g
  • Molare Masse Methan: M= 16,003 g/mol
  • Stoffmenge Methan: n = 0,1/16,033 mol =0,00625 mol
  • Temperatur: T = 293,15 K  (20° C)
  • Druck: p = 101,325 kPa = 101325 Pa = 101325 N m-2 (1 atm)
  • Gaskonstante R = 8,314 J mol-1 K-1

Dann können wir mit der idealen Gasgleichung das Volumen berechnen:

\( V = \frac{n \cdot R \cdot T}{p} = \frac{0,00625 \cdot 8,314 \cdot 293,15}{101325} m^3 = 0,000157 m^3\\\)

Das Methan nimmt also unter Laborbedingungen ein Volumen von 0,157 Liter ein.

Kinetische Energie

Wenn wir die Kinetik der Moleküle betrachten, also die Bewegungen, entsteht der Druck durch Impulsübertrag auf die Aussenwand des Gefäßes.

Das Gesetz von Bernoulli sagt dafür:

\( p = \frac{1}{3} \cdot n \cdot \mu \cdot <v^2> \\\ \)

wobei n hier die Teilchendichte, also Anzahl Teilchen pro Volumen, ist und die spitzen Klammern für den Mittelwert stehen..

Wenn wir diese Gleichung mit V multiplizieren, erhält man:

\( p \cdot V = \frac{1}{3} \cdot N \cdot \mu \cdot <v^2> = \frac{2}{3} \cdot N \cdot <E_{kin}> \\\ \)

wobei N die Anzahl der Teilchen ist.

Die mittlere kinetische Energie eines Moleküls eines Idealen Gases (also nur translatorische Bewegung in drei Freiheitsgraden) ist:

\( <E_{kin}> = \frac{3}{2} \cdot k_B \cdot T \\\ \)

Ausblick:

  • Auf dieser Basis wird die physikalische Größe “Temperatur” dann als “thermodynamische Temperatur” beliebiger Substanzen wirklich definiert.
  • Zusätzlich zum Mittelwert von Geschwindigkeiten bzw quadrierten Geschwindigkeiten wird auch noch die Breite der Verteilung von Interesse sein, was uns zur Maxwell-Verteilung führen wird…

Flüssigkeiten

Ein weitergehendes Konzept ist das von Flüssigkeiten. Die werden im physikalischen Teilgebiet Hydrodynamik behandelt. Von einer Flüssigkeit spicht man, wenn die mittlere freie Weglänge der Teilchen sehr, sehr klein gegenüber der Größe des betrachteten Systems ist.

Das Jeans-Kriterium

Das Jeans-Kriterium, benannt nach James Jeans (1877-1946), soll ja angeben, unter welchen Bedingungen eine Gaswolke im Universum unter dem Einfluss ihrer Gravitation kontrahiert, dabei wärmer wird und ggf. eine Kernfusion “zündet”.

Zur Abschätzung der kritischen Jeans-Masse bieten sich zwei Wege an:

  1. Druck: Gasdruck = Gravitationsdruck
  2. Energie: Potentielle Energie = Kinetische Energie

Vergleiche hierzu auch: Hydrostatisches Gleichgewicht

Gasdruck

Wir betrachten eine kugelförmige (Radius R) homogene Gaswolke der Masse M.

Der Gasdruck ist nach der idealen Gasgleichung (s.o.):

\( p = \frac{N}{V} \cdot \frac{R}{N_A} \cdot T \\\ \)

Ein Teilchen (Gasmolekül) habe nun die Masse μ. Dann gilt für die Masse:

\( M = N_A \cdot n \cdot \mu = N \cdot \mu \\\ \)

Die Dichte der Gaswolke ist demnach:

\( \rho = \frac{M}{V} = \frac{N \cdot \mu}{V} = \frac{N}{V} \mu \\\ \)

Also ist

\( \frac{N}{V} = \frac{\rho}{\mu} \)

Wenn wir das oben einsetzen ergibt sich:

\(\Large p_{Gas} = \frac{\rho}{\mu} \cdot k_B \cdot T \\\ \)

Gravitationsdruck

Der Gravitationsdruck ist (will ich noch richtig ausrechnen, mit Integral und so):

\( \Large p_{grav} = \frac{3 G M^2}{8 \pi r^4} \\\ \)

Jeans-Masse

Wann ist der Gravitationsdruck mindestens genauso groß wie der Gasdruck?

\( M_{Jeans} = \sqrt{\frac{6}{\pi}} \sqrt{\frac{1}{\rho} (\frac{k_B T}{G \mu})^3}\\\ \)

Für eine Gaswolke aus atomaren Wasserstoff ergibt sich mit doppelt logarithmischen Skalen folgendes Bild:

Abbildung 5: Die Jeans-Masse (Github: JeansMasse.svg)

JeansMasse.svg

Jeans-Masse Dietrich Kracht 24.3.2021

Beispielsweise können wir ablesen: Eine Gaswolke (atomarer Wasserstoff) von 10 Sonnenmassen würde bei einer Dichte von 10-16 kg/m³ und einer Temperatur von 10 K anfangen sich unter ihrer eigenen Gravitation zusammen zu ziehen…