Physik: Einstein Spezielle Relativitätstheorie

Gehört zu: Physik
Siehe auch: Allgemeine Relativitätstheorie, Raum-Zeit-Diagramme
Benutzt: WordPress-Plugin Latex, Grafiken aus Github

Stand: 12.11.2023

Überschneidungen mit: Relativitätstheorie

Die Spezielle Relativitätstheorie

Albert Einstein (1879-1955) hat 1905 die sog. “Spezielle Relativitätstheorie” (SRT) formuliert. Sie basiert lediglich auf zwei Postulaten:

  • Die physikalischen Gesetze sind gleich in allen Intertialsystemen
  • Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum ist gleich in allen Intertialsystemen

Diese Gleichberechigung aller Intertialsysteme wird durch die Gravitation zunichte gemacht. Deshalb entwickelte Einstein die SRT später weiter zur ART.

Die Koordinaten von Ereignissen in zwei Inertialsystemen S (t,x,y,z) und S’ (t’,x’,y’,z’), die sich relativ zueinander mit der konstanten Geschwindigkeit u  bewegen, kann man mit Formeln umrechnen, die man Lorentz-Transformationen nennt.

Einstein gelingt es, diese Lorentz-Transformationen aus den o.g. Postulaten und der Homogenität und der Isotropie des Raumes herzuleiten.
Aber diese Herleitung ist mühsam und ich zeige sie deshalb hier nicht.

Aus diesen Lorentz-Transformationen ergeben sich einige, sog. relativistische,  Phänomene:

  • Zeitdilatation
  • Längenkontraktion
  • Relativistische Geschwindigkeitsaddition
  • Relativistische Massen und Energien
  • ….

Wie man die Zeitdilation und die Längenkontraktion aus den Lorentz-Transformationen herleiten kann, zeigt beispielsweise das YouTube-Video von MathePunk.

Koordinaten-Transformation

Zur Vereinfachung nehmen wir an:

  • Nur eine Raumdimension: x
  • Die Koordinatenachsen der beiden Inertialsystem S und S’ seinen parallel zueinander und der Ursprung sei zur Zeit t=0 der gleiche
  • Die konstante Bewegung der beiden Inertialsysteme S und S’ gegeneinander erfolge  in x-Richtung

Mit dieser Vereinfachung erhalten wir ziehmlich einfache Transformationsgleichungen, die man auch “spezielle” Lorentz-Transformation nennt.

Der Lorentz-Faktor

In den folgenden Formeln kommt immer wieder ein Faktor vor, den wir “Lorentz-Faktor” nennen und mit dem griechischen Buchstaben Gamma schreiben:

\( \Large\gamma = \frac{1}{\sqrt{1-\frac{u^2}{c^2}}} \\ \tag{1} \)

Wobei u  die konstante Geschwindigkeit ist, mit der sich die beiden Bezugssysteme (Inertialsysteme) relativ zueinander bewegen.

Dieser Gamma-Faktor ist also immer größer als 1. Das bedeutet: Multiplizieren mit Gamma macht einen Wert größer, dividieren durch Gamma macht einen Wert kleiner,

Lorentz-Transformation

Die Umrechung der Koordinaten x und t zwischen diesen beiden Bezugssystemen nennt man (spezielle) Lorentz-Transformation:

\( x’ = \gamma (x – u t) \tag{2}\\ \) \( t’ = \gamma (t – \Large\frac{u}{c^2} x ) \tag{3}\\\) \( x = \gamma (x’ + u t’) \tag{4}\\ \) \( t = \gamma (t’ + \Large\frac{u}{c^2} x’) \tag{5} \\ \)

Raumzeit

In Gleichung (3) sieht man, dass die Zeit im System S’ auch abhängig von der Raumkoordinate ist; d.h. die Zeit vergeht unterschiedlich an unterschiedlichen Orten im Raum. Deswegen spricht man von der “Raumzeit”.

Längenkontraktion

Wir haben ein Objekt, dessen Länge wir im “bewegten” Bezugssystem S’ bestimmen indem wir gleichzeitig den Anfangspunkt (x’1) und den Endpunkt (x’2) messen:
\( \Delta x’ = {x’}_2 – {x’}_1 \)

Die Frage ist nun, welche Länge ein Beobachter im “ruhenden” Bezugssystem S zur Zeit t1 = t2 bestimmen wird.

Nach Gleichung (2) gilt:

\( \Delta x’ =  {x’}_2 – {x’}_1 = \gamma (x_2 – x_1 – u (t_2 – t_1))\\\)

Da die Messung der beiden x-Koordinaten im System S gleichzeitig stattfindet, gilt also t2 – t1 = 0. Also:

\( \Delta x’ = \gamma \cdot \Delta x \)
bzw.
\( \Delta x = \Large\frac{\Delta x’}{\gamma}  \)
Zusammenfassung

  • Strecken in einem bewegten Bezugssystem S’ erscheinen für den ruhenden Beobachter S verkürzt.
  • Vereinfacht: Bewegte Stecken sehen kürzer aus (aus Sicht des ruhenden Beobachters).
  • Für die Längenkontraktion gilt:   \( \Delta x = \frac{\Delta x’}{\gamma} \)
  • Die Längenkontraktion findet nur in Bewegungsrichtung statt.

Zeitdilatation

Wir haben einen Prozess dessen Zeitdauer wir im “bewegten” Bezugssystem S’ bestimmen indem wir die Startzeit (t’1) und die Endezeit (t’2) messen (also die sog. Eigenzeit):

\( \Delta t’ = {t’}_2 – {t’}_1 \\\)

Die Frage ist nun, welche Zeitdauer ein Beobachter im “ruhenden” Bezugssystem S bestimmen wird.
Nach Gleichung (5) gilt:

\( \Delta t = t_2 – t_1 = \gamma ({t’}_2 – {t’}_1 + \frac{u}{c^2}({x’}_2 – {x’}_1 )) \)

Da der gemessene Prozess in S’ ortsfest ist, gilt also x’2 – x’1 = 0. Also:

\( \Delta t = \gamma \cdot \Delta t’  \)
Zusammenfassung

  • Eine Uhr im “bewegten” Bezugssystem S’ erscheint für einen “ruhenden” Beobachter S langsamer zu gehen.
  • Vereinfacht: Bewegte Uhren gehen langsamer (aus Sicht des ruhenden Beobachters).
  • Der Zusammenhang zwischen Zeit im ruhenden System S und der Zeit im bewegten System S’ ist \(  \Delta t = \Delta t’ \cdot \gamma \)

Relativistische Addition von Geschwindigkeiten

Relativ zu einem “ruhenden” Beobachter (Inertialsystem) S möge sich ein zweiter Beobachter (Intertialsystem) S’ mit der konstanten Geschwindigkeit u in x-Richtung bewegen.

Ein Objekt möge sich im bewegten Bezugssystem S’ mit der gleichgerichteten Geschwindigkeit w entlang der x’-Achse bewegen:

\( \Large w = \frac{\Delta x’}{\Delta t’}  \tag{6}\\\)

Im ruhenden Bezugssystem S messen wir dafür die Geschwindigkeit:

\( \Large v = \frac{\Delta x}{\Delta t}  \tag{7}\\\)

Unter Anwendung der Lorenztransformationen (4) bekommen wir:

\( \Delta x = x_2 – x _1  = \gamma ( {x’}_2 + u {t’}_2) – \gamma ( {x’}_1 + u {t’}_1) = \gamma \cdot (\Delta x’ + u \cdot \Delta t’)\tag{8}\\\)

Analog bekommen wir mit Gleichung (5):

\(  \Delta t = t_2 – t_ 1 = \gamma ({t’}_2 + \frac{u}{c^2} {x’}_2) – \gamma ({t’}_1 + \frac{u}{c^2} {x’}_1) = \gamma (\Delta t’ + \frac{u}{c^2}\cdot \Delta x’)\tag{9}\\\)

Setzen wir nun (8) und (9) in Gleichung (7) ein, so erhalten wir:

\( \Large v =\frac{\Delta x’ + u \cdot \Delta t’}{\Delta t’ + \frac{u}{c^2} \cdot \Delta x’} \\\)

Wir dividieren Zähler und  Nenner durch Δt’:

\(\Large  v = \frac{\frac{\Delta x’}{\Delta t’}+u}{1 + \frac{u}{c^2}\frac{\Delta x’}{\Delta t’}} \\\)

mit Gleichung (6) kommen wir damit zu unserem Ergebnis:

\(\Large v = \frac{w + u}{1 + \frac{u\cdot w}{c^2}} \\\)

Lichtgeschwindigkeit

Wenn sich das zu messende Objekt nun im System S’ mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, also w = c, bekommen wir:

\(  \Large v= \frac{c + u}{1 + \frac{u \cdot c}{c^2}} = \frac{c + u}{1 + \frac{u}{c}} = \frac{c + u}{\frac{c + u}{c}} = c \\ \)

Damit misst also auch der “ruhende” Beobachter S die gleiche Lichtgeschwindigkeit wie der “bewegte” Beobachter S’; d.h. die Lichtgeschwindigkeit ist für beide Beobachter gleich.

Impuls / Massen

Der Impulserhaltungssatz ist unantastbar. Also ist

\(\Large \vec{p} = m \cdot \vec{v} \tag{10}\\\)

invariant (gleich in allen Inertialsystemen).

In zwei Intertialsystemen messen wir ja unterschiedliche Geschwindigkeiten, also muss sich die Masse entsprechend verändern damit der Impuls gleich bleibt.

\(\Large m = \gamma \cdot m_0 \\ \tag{11}\)

Energie

Bekannt ist ja die berühmte Formel:

\(\Large E = m \cdot c^2 \tag{12}\\  \)

Josef Gassner zeigt in seinem Video https://youtu.be/AJ1prUzQ878k folgende Herleitung:

Wir  linearisieren den Lorenzfaktor (Gleichung 1):

\( \Large\gamma = 1 + \frac{1}{2}\frac{v^2}{c^2} + … \tag{13} \\ \)

Das setzen wir in Gleichung (11) ein und erhalten:

\(\Large m = \gamma \cdot m_0 = m_0 + \frac{1}{2} \frac{v^2}{c^2}  \\\)

Erweitern wir das mit c2 bekommen wir:

\(\Large m \cdot c^2 = m_0 c^2 + \frac{1}{2} m_0 v^2 \\ \)

Der hintere Term ist offenbar die kinetische Ernergie und dann ist der erste Term die Ruhe-Energie. Die Gesamt-Energie ist dann also::

\( \Large E = m\cdot c^2 = \gamma^2 m_0^2 \cdot c^2 \tag{14}\\\)

Diese Formel ist wegen der Linearisierung des Lorenzfaktors eigentlich falsch, soll heissen sie gilt so nur für kleine v (klein gegenüber c). Vollständig richt lautet sie:

\( \Large E^2 = m_0^2 \cdot c^4 + p^2 \cdot c^2 \tag{15} \)

Vernachlässigung relativistischer Effekte

Relativistische Effekte, wie die oben beschriebenen, kann man vernachlässigen, wenn die Geschwindigkeiten sehr klein sind gegenüber der Lichtgeschwindigkeit, wie die Betrachtung des Lorentzfaktors zeigt.

Abbildung 1: Der Lorentzfaktor in Abhängigkeit von u/c (Github: Lorentzfaktor.svc)

In der grafischen Darstellung sieht man, dass der Gamma-Faktor bei u=0 mit 1 startet und dann mit zunehmender Geschwindigkeit u immer größer wird. So ab 90% der Lichtgeschwindigkeit geht er so richtig hoch (über 2) und dann bei u=c asymptotisch gegen Unendlich.
Das bedeutet, dass so ungefähr ab 90% der Lichtgeschwindigkeit relativistische Effekte nicht mehr vernachlässigt werden können.

Ausblick

Später formulierte Einstein die Allgemeine Relativitätstheorie (ART).