Gehört zu: Astro-Software, Planetariumsoftware
Siehe auch: Stellarium, Aufnahmeverfahren, Cartes du Ciel
Benutzt: Fotos aus Google Drive
Stand: 24.04.2023
Der Horizont in Stellarium: Landscapes
Für die Beobachtungsplanung ist es hilfreich, eine Planetariumsoftware zu verwenden, die die Möglichkeit hat, den lokalen Horzont einzublenden.
Stellarium bietet hierfür mehrere Möglichkeiten, die im Stellarium-Wiki näher erläutert werden:
- Polygon-Methode
- Einzelbild-Methode
- Multi-Bild-Methode (Fisheye oder spherical)
Eine Polygon-Linie ist eigentlich völlig ausreichend für die realistische Planung von astronomischen Beobachtungen.
“Schicker” und eindrucksvoller ist es natürlich mit echten Fotos von der Horizontgegend per Einzelbild-Methode.
Die Multi-Bild-Methode habe ich noch nicht ausprobiert.
Polygonzug-Methode
Einen Horizont mit der einfachen Polygonzug-Methode kann man meist auch in anderen Planetariums-Programmen, z.B. Cartes du Ciel einrichten.
Bei der Polygon-Methode werden “nur” eine Folge von Horizont-Koordinaten (Höhe und Azimuth) angegeben und in einer Landscape-Datei gespeichert.
Es können mehrere Landscapes für Stellarium definiert werden. Die Dateien für ein Landscape sollen im Ordner: <Stellarium-Ordner>\landscapes\<landscape ID> liegen.
Also im Beispiel: <Stellarium-Ordner>\landscapes\terrasse
In diesem Unterordner muss sich eine Datei namens “landscape.ini” befinden, die dann das Landscape im einzelnen definiert.
Meine landscape.ini für den Beobachtungsort Hamburg-Eimsbüttel-Terrasse sieht folgendermaßen aus:
[location]
planet=Earth
latitude=53d30'00"
logitute=10d00'00"
altitude=110
[landscape]
name = Terrasse
type = polygonal
author = Dietrich
description = Horizontverlauf auf meiner Terrasse in Hamburg-Eimsbüttel
polygonal_horizon_list = horizon_eimsbuettel.txt
polygonal_angle_rotatez = 0
ground_color = .05,.05,.95
horizon_line_color = .05,.05,.05
minimal_brightness=.10
Wobei ich die Horizontpunkte aus meiner Datei für Cartes du Ciel kopiert habe.
Aktivieren dieses Horizonts in Stellarium:
Horizont: Linkes Menü: Himmel- und Anzeigeoptionsfenster [F4]
Abbildung 1: Horizont in Stellarium (Google Drive: Stellarium01-3.jpg)
Abbildung 2: Horizont Auswahl: Linkes Menü: Himmel- und Anzeigeoptionsfenster [F4] –> Ansicht –> Landschaft (Google Drive: Stellarium01-4.jpg)
Abbildung 3: Horizont in Stellarium: Das Ergebnis (Google Drive: Stellarium01-5.jpg)
Einzelbild-Methode
Bei der Einzelbild-Methode geht man wie folgt vor.
Basis der Beschreibungen ist die im Web vorhandene Dokumentation:
- Stellarium Wiki
- Geronimos hervorragender Artikel in Astrotreff Deep Sky
Schritt 1: Das Panoramabild erstellen
Ich mache eine Fotoserie mit meiner Digitalkamera wobei ich ein leichtes Weitwinkelobjektiv (f=24mm bei APS-C Sensor) verwende. Ich suche mir eine passenden Standort aus, wo ich den kompletten Horizont in 360 Grad mit Stativ als Panorama fotografieren kann. Die höchsten Objekte am Horizont, die ich noch haben will, müssen ins Gesichtsfeld (36° x 52°) passen.
Es ist gut, wenn man sich die genaue Ostrichtung am Horizont merkt, weil Stellarium das Horizontbild auf den Ost-Punkt ausrichtet. Man kann das aber später in der Datei “landscape.ini” noch genau austarieren.
Das Panoramafoto erstelle ich aus den Einzelfotos mit der Software “Microsoft ICE”.
Geronimo beschreibt diesen Vorgang mit der Software Hugin Panorama-Photo Stitcher.
Abbildung 4: Beispiel Schlump: So sieht mein 360°-Panoramabild aus (Google Drive: Horizont_20171004_0006_stitch50aa.jpg)
Horizont Hamburg Schlump
Abbildung 5: Beispiel Handeloh: Das 360°-Panoramabild dort (Google Drive: Horizont_20181005_121706_stitchA.jpg)
Horizont Handeloh ASW
Schritt 2: Bildbearbeitung in GIMP
Zur Bildbearbeitung nehme ich das kostenfreie Software-Tool GIMP (ich habe Version 2.10.6).
Die Bildbearbeitung erfolgt in mehreren Teilschritten, wobei die enorme Größe meines Panoramabildes für GIMP wohl eine Herausforderung darstellt: einzelne Bearbeitungen dauern machmal sehr lange und manchmal stürzt GIMP auch ab. Deshalb bin ich dazu übergegangen, nach jedem Teilschritt das Zwischenergebnis in GIMP abzuspeichern.
Das mit ICE erstellte Panoramabild ist 16,6 MB groß. Wenn ich das in GIMP lade wird das erste GIMP-Zwischenbild 545,9 MB groß.
Vielleicht wäre es sinnvoller, als allererstes die Größe des Panoramabildes zu reduzieren: 2048 x 1024
Die ganze Bearbeitung in GIMP soll folgendes erreichen:
- Der Himmel soll “entfernt” werden; d.h. transparent werden und die eigentliche Landschaft am Horizont soll bleiben.
- Das Bild soll auf die von Stellarium erwartete Größe von 2048 x 1024 skaliert werden.
- Oberhalb muss alles transparent sein
- Unterhalb der schönen Horizontlandschaft muss das Bild mit horizontähnlichen Farben ausgefüllt werden
Die Verarbeitungsschritte in GIMP folgen der Anleitung von Geronimo, wobei ich teilweise eigene Tips und Anmerkungen dazu habe.
Schritt 2.1: Landschaft mit Ebenenmaske freistellen
1. Panoramabild in GIMP öffnen und Ebene erstellen
Rechtsklicken auf das Bild und im Kontextmenü <Ebene> – <Neu aus Sichtbarem> –
Im Folgenden bearbeiten wir nur diese neue Ebene und machen daraus eine Maske, die nur noch die eigentliche Landschaft durchlässt. Der Himmel darüber wird am Ende transparent gemacht; der Boden darunter wird am Ende “neutral” ausgemalt.
2. Zuerst wandeln wir die Farben in RGB-Graustufen um:
- Rechtsklicken auf das Bild und im Kontextmenü <Farben> – <Entsättigen> – <Entsättigen> – <Helligkeit>
- Achtung: Nach dem Klicken auf “OK” dauert es eine ganze Weile, bis die Entsättigung durch ist.
3. Himmel weiss & Landschaft schwarz:
- Schwellwerte schwarz/weiss: Rechtsklicken auf das Bild und im Kontextmenü <Farben> – <Schwellwerte>. Dort den Schieberegler so einstellen, dass der Himmel durchgehend weiss wird und die Landschaft schwarz.
Achtung: Jede Änderung des Schiebereglers bedeutet ein minutenlanges Neuberechnen des Bildes. - Damit wir eine saubere Maske bekommen nun noch im oberen Teil den Himmel mit dem Pinsel-Werkzeug in “weiss” korrigieren, da wo “Schwellwerte” es nicht ganz geschafft hat und im unteren Teil die Landschaft ggf. mit dem Pinselwerkzeug in “schwarz” korrigieren.
4. Nun die Landschaft (den schwarzen Bereich) transparent machen:
- Rechtsklick auf das Bild und im Kontextmenü <Farben> – <Farbe nach Alpha> – Farbe (schwarz sollte schon ausgewählt sein) – <OK>.
Nun wird langsam das Fotopanorama der Landschaft sichtbar – wie immer, dauert das ein Weilchen. - Nun alle Ebenen “nach unten” vereinen. Dazu Rechtsklick auf das Bild und im Kontextmenü <Ebene> – <nach unten vereinen> (oder: Menüleiste: Ebene -> nach unten vereinen)
Schritt 2.2 Himmel transparent machen
Im Werkzeugkasten das Werkzeug <Nach Farbe auswählen> wählen und auf den Himmel klicken. Alles was weiss ist, wird nun selektiert. Dann das Selektierte löschen mit Ctrl+X (dieses “Löschen” macht den Himmel transparent). Das Löschen eines großen Bereichs kann in GIMP eine ganze Weile dauern, man muss das geduldig abwarten…
Wenn bei <Nach Farbe auswählen> dummerweise noch Teile in der Landschaft selektiert wurden, weil sie auch weiss sind, muss man das korrigieren: Umschalten auf “Schnellmaske” (unten links im Bildfenster) und diese Auswahlen aufheben (d.h. schwarz malen).
Alternativ zu <Nach Farbe auswählen> kann man ggf. auch mit dem Werkzeug <Zauberstab> arbeiten. Damit bleibt man sicherer im Bereich des Himmels, muss es aber evtl. mehrfach machen.
Schritt 2.3 Bild für Stellarium skalieren
Stellarium erwartet ein Landscape-Bild in der Größe 2048 x 1024 mit 72 dpi. Deshalb:
- das Bild jetzt entsprechend skalieren mit: <Bild> – <Bild scalieren> auf horizontal 2048 skalieren.
- Dann ein Leerbild der richtigen Größe (2048 x 1024) erstellen
- Leerbild: <Datei> – <Neu> – <Breite> = 2018, <Höhe> = 1024. Erweiterte Einstellungen: 72 dpi & Füllung = Transparenz, Schaltfläche “OK”
- und “unser” Bild dahinein kopieren:
- Hineinkopieren: <Fenster> – 1 – <Ctrl-C> – <Fenster> -2 – <Ctrl-V>
Achtung: Beim “Hineinkopieren” muss das Bild sehr feinfühlig vertikal geschoben werden, sodass der gedachte Horizont genau auf der Bildmitte (Pixel = 1024 / 2 = 512) sitzt.
Wahrscheinlich haben wir jetzt zwei Ebenen. Eine ist die “schwebende Auswahl”. Das muss mit dem Befehl “Ebene verankern” behoben werden. Erst danach kann die “normale” Bildbearbeitung weiter erfolgen.
Der untere Teil unseres Bildes soll nicht transparent sein (da sollen ja keine Sterne erscheinen). Dieser untere Teil des Bildes muss also mit Farbe ausgefüllt werden. Dabei sollten angrenzende Farben des Horizontpanoramas verwendet werden, denn diese werden in Stellarium möglicherweise sichtbar. Auch sollten die Farben eher dunkel sein, denn es ist ja der “unsichtbare” Teil des Grundes.
Zum Schluss das Bild als PNG exportieren (Menü -> Datei -> Exportieren…) und dabei einen “schönen” Namen vergeben, denn der Name wird in den Stellarium-INI-Dateien benutzt.
Schritt 3: Konfiguration für Stellarium
Zur Zeit (2018) benutze ich die Stellarium-Version 0.18.0. Um unser Horizontpanorama in Stellarium einzubinden, muss jetzt eine Datei mit dem Namen “landscape.ini” erstellt werden.
Inhalt der Datei landscape.ini
[landscape] name = Name meiner Landschaft author = Name des Erstellers description = eine Beschreibung dieser Landschaft type = spherical maptex = Name der erstellten PNG-Datei (s.o.) angle_rotatez = -55 [location] name = Hamburg-Schlump planet = Earth country = Germany lattitude = longitude = alititude =
Die Südrichtung des Bildes kann über den Parameter “angle_rotatez=….” eingestellt werden.
Speicherort der Datei landscape.ini
Im Installationsordner von Stellarium befindet sich ein Unterordner names “landscapes”. Dort müssen wir einen Unterordner mit dem Namen unseres neuen Landscapes anlegen. In unserem Fall ist das: D:\bin\Stellarium\landscapes\eimsbuettel.
In diesen Ordner kopieren wir die erstellte Datei “landscape.ini” und die PNG-Datei.
Schritt 4: Aktivieren der Landschaft in Stellarium
Wir starten Stellarium und klicken in der linken Seitenleiste auf “Himmel- und Anzeigeoptionsfenster [F4]”.
Dort dann auf den Reiter “Landschaft” klicken und in der Liste links den Namen der gewünschten Landschaft auswählen.
Im unteren Bereich unter “Einstellungen” anhaken “Minimalhelligkeit” 0,20 – dann wird die Landschaft in der Nacht nicht auf vollkommen schwarz abgedunkelt, sondern bleibt ein wenig sichtbar.
Abbildung 6: Landschaft in Stellarium (Google Drive: Stellarium_Schlump.jpg)
Stellarium Schlump