Astrofotografie für Einsteiger: Wie fokussiere ich mein Bild?

Gehört zu: Astrofotografie
Siehe auch: Okularauszug, DSLR-Objektive, Bahtinov-Maske, Motorfokus, Mindmap Astrofotografie
Benutzt: Fotos aus Google Drive

Stand. 05.08.2024

Die Aufgabenstellung: Fokussierung

Als Einsteiger in die Astrofotografie möchte ich meine Optik (Canon Kamera, Sony Kamera, GuideScope50, Orion ED80/600) einfach und sicher fokussieren können (d.h. der Fokus soll genau auf der Sensorebene liegen), damit ich schöne “knack-scharfe” Astro-Fotos bekomme.

Die Apperatur zum Fokussieren ist unterschiedlich bei:

  • Kamera: Fokusring am Objektiv
  • Teleskop: Okularauszug “OAZ

Die prinzipielle Lösung – der Regelkreis

Die Fokus-Einstellung muss, wie in einem Regelkreis auf den Sollwert (schärfstes Bild) eingestellt werde. Dazu muss man also:

  • einerseits irgendwie erkennen können, wann (bei welcher Einstellung) das Bild wirklich scharf ist (z.B. im Live-View mit Lupenfunktion oder Bahtinov oder…) – Regelkreis: Istwert=Sollwert
  • andererseits die Fokuseinstellung erschütterungsfrei in sanften kleinen Schritten hin und her verändern können (z.B. am Rädchen des Okularauszugs) Regelkreis: Istwert in Richtung Sollwert verändern

Stichworte:

  • OAZ – Okularauszug – engl. Focuser – Zahnstange (“rack and pinion”)
  • OAZ – Crayford-Okularauszug
  • Helical-Auszug: Drehen
  • Bahtinov-Maske bzw. Hartmann-Maske (s.u.)
  • Live View – Lupe – Zoom
  • FWHM = Full Width at Half Maximum
  • Motorfokus

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Meine Seiten zum Thema Fokussieren

Vorbereitung: Grob-Einstellung am Tage

Es ist hilfreich, wenn man die Fokuseinstellung noch bei Tageslicht ausprobiert z.B. an einem sehr weit entfernten Objekt am “Horizont”, wie ein Kirchtum, ein Strommast etc.

Bei der Fokuseinstellung auf ein Himmmelsobjekt muss man dann mit der Fokuseinstellung nur noch ein wenig in das Teleskop hineinfahren.

Die Formel dafür ist:

1/p + 1/q = 1/f
mit Objektentfernung q, Lage des Fokus p und Brennweite f. Für q = unendlich (Sterne) wird die Fokuslage q = f, für nähere Distanzen ist sie größer. Die Differenz fehlt Dir. (Alle Angaben in der gleichen Einheit, z.B. Millimeter)
Quelle: Kalle66 im Astrotreff http://www.astrotreff.de/topic.asp?ARCHIVE=true&TOPIC_ID=194474

Bei einer Brennweite meines Teleskops von f=510 mm ergibt sich daraus:

Tabelle 1: Fokussierung endlich vs. unendlich

Objektentfernung (q) Lage des Fokus (p)
10 m 537 mm
50 m 515 mm
100 m 513 mm
200 m 511 mm
unendlich 510 mm

Wenn ich also auf einen Schornstein in 100m Entfernung am Tage fokussiere habe ich 513mm,  für die Sterne im Unendichen brauche ich aber 510mm. Also muss ich den OAZ dann abends 3mm weiter hineindrehen.

Erschütterungsfreie Fokus-Einstellung

Eine manuelle Einstellung der Schärfe bewirkt auch immer ein Zittern/Wackeln des Bildes, wodurch die Fokusqualität (Schärfe) nicht so gut beurteilt werden kann.

Alternative zum händischen Verstellen des Fokus am Rädchen des OAZ ist ein motorischer Fokus.

Beurteilung der Fokusqualität

Zur Beurteilung der Fokusqualität gibt es verschiedene Möglichkeiten; z.B.

  • Visuell im Live-View der Kamera; ggf. vergrößert
  • Visuell im Live-View einer Software (z.B. SharpCap); ggf. vergrößert
  • Messung FWHM bzw. HFD/HFR durch Software (z.B. SharpCap, APT. N.I.N.A. oder…)
  • Hartmann-Maske vor das Objektiv
  • Bahtinov-Maske vor das Objektiv

Fokusqualität anhand von FWHM

Man kann die Qualität einer eingestellten Fokussierung möglicherweise sofort an einem Live-View beurteilen oder man macht tatsächlich Probeaufnahmen und untersucht dann die entstandenen Fotos (wobei man dann noch wissen muss, welches Foto mit welcher Fokus-Einstellung geschossen wurde!).

FWHM ist die im angelsächsischen Sprachraum gängige Abkürzung für “Full Width at Half Maximum” und bedeutet die sog. Halbwertsbreite eines (vergrößerten) Sternbildes. Man stellt also zuerst das Maximum der Helligkeitskurve fest und schaut dann, wo die Helligkeitskurve den halben Wert, links und rechts vom Maximum, erreicht. Diese Halbwertsbreite charakterisiert so etwas wie die Breite der Kurve.

Software, mit der man FWHM messen kann, ist beispielsweise AstroImageJ, APT, SharpCap u.a.

Wenn man eine Bildserie mit unterschiedlichen Fokuseinstellungen geschossen hat, braucht man nur noch das Foto zu identifizieren, bei dem die Sterne das kleinste FWHM haben; d.h. wo die Sterne “am schäfsten” sind.

Fokusqualität anhand einer Bahtinov-Maske

Sehr bekannt ist auch die Bahtinov-Maske, die in Deutschland gerne verwendet wird. Auch von der GvA-Hamburg gibt es Infos dazu beim Video-Workshop.

Erfunden hat die Bahtinov-Maske Pavel Bahtinov im Jahre 2005: Link

Eine Bahtinov-Maske lässt mehr Licht durch als Hartmann/Scheiner, sagt man. Dadurch kann man mit einer Bahtinov-Maske auch an nicht ganz so hellen Sternen schön fokussieren. Ein gewisser Nachteil einer Bahtinov-Maske ist der deutlich höhere Fertigungs-Aufwand im Vergleich zu Hartmann/Scheiner.

Man kann Bahtinov-Masken aber auch fertig kaufen oder neuerdings auch im 3D-Druckverfahren selber herstellen.

Meine Bahtinov-Maske am Objektiv Beroflex 300mm f/4.0

Abbildung 1: Meine Bahtinov-Maske am Objektiv Beroflex 300mm f/4.0 (Google Drive: DK_20161118_1074.JPG und DK_20161118_1070.JPG)


Bahtinov 20161118

Bahtinov an Sony NEX

Funktionweise einer Bahtinov-Maske:

Man richtet die Optik auf einen helleren Stern und setzt die Bahtinov-Maske vor das Objektiv.

In der Nähe des Fokuspunkts wird im Live-View ein Beugungsbild sichtbar, das aus drei hellen “Balken” besteht. Zwei schräge Balken bilden in etwa ein Warnkreuz, wie wir es von Bahnübergängen kennen (Andreaskreuz). Der dritte waagerechte Balken bewegt sich nach oben oder nach unten, wenn wir etwas an der Fokussierung drehen. Es kommt nun darauf an, so zu fokussieren, das der dritte Balken genau mittig durch den Kreuzungspunkt der beiden schrägen Balken läuft.

Abbildung 2: Beugungsbild mit Bahtinov-Maske (Google Drive: DK_20161111_1033a.jpg)


Bahtinov Beugungsbild im Sony Live-View: Der waagerechte Balken ist noch etwas zu hoch…

Bezugsquellen, beispielsweise:

Links:

Fokusqualität anhand einer Hartmann-Maske / Scheiner-Blende

Den richtigen Schärfepunkt zu finden, ist gerade bei der Astrofotografie enorm wichtig.
Ein gutes Hilfsmittel hierfür ist eine Hartmann-Maske.
Drei gleichseitige Dreiecke werden in den Staubschutzdeckel des Teleskops gefräst.
Zum Fokussieren wird das Teleskop auf einen hellen Stern ausgerichtet.
Nähert man sich dem idealen Fokuspunkt, wandern die drei Sterne aufeinander zu.
Im Brennpunkt liegen alle drei Sterne mit ihren sechs Spikes genau übereinander.
Selbst kleinste Abweichungen werden sichtbar.
Der beste Fokuspunkt lässt sich so leicht finden.

Abbildung 3: Hartmann-Maske (Google Drive: hartmannmaske.jpg)


Fokussieren mit der Hartmannmaske

Abbildung 4: Fokussierung mit der Hartmann Maske (Google Drive: hartmannmaske2.jpg)


Fokussieren mit der Hartmann-Maske (Copyright www.astronomie-selbstbau.de)

Fokussierung in der Praxis

Fokussierung Foto-Objektiv Takumar 135mm an Sony NEX-5R

Mein schönes altes Foto-Objektiv “Takumar 135mm” hat eine manuelle Fokuseinstellung per Drehring bis auf Unendlich oder evtl. mehr als Unendlich. Per M42-Adapter kann ich dies schöne Objektiv an das E-Mount meiner Kamera Sony NEX-5R stecken.

Abbildung 5: Fokussierung am Foto-Objektiv (Google Drive: DK_20160903_Takumar.jpg)


Fokussieren Takumar 135mm

Dies sind meine Arbeitsschritte zum Fokussieren:

  • Kamera Fokussierung auf “MF” (manual focus) – Menü -> Kamera ->AF/MF Auswahl
  • Kamera Belichtungsprogramm auf “M” (manual)
  • Kamera auf ISO 1600
  • Kamera auf Belichtungszeit 30 sec (das Maximum) –> dann sollte der Live View hellere Sterne schön zeigen
  • Objektiv bis Blende 2,8 aufmachen (nicht weiter aufmachen) –> dann sollte der Live View hellere Sterne schön zeigen
  • Objektiv Fokus auf “Unendlich” voreinstellen (sonst kann man im Live View möglichweise gar nichts sehen)
  • Einen helleren Stern anpeilen und genau in die Mitte des Gesichtsfelds stellen
  • Live View auf 10-fache Vergrößerung stellen und den Fokusring des Objektivs vorsichtig hin und her bewegen um die Mitte des genauen Fokus zu finden
  • Nachdem so der richtige Fokus gefunden ist, den Fokusring fixieren (z.B. mit Klebeband, aber ohne den Fokus zu verstellen)
  • Probefoto auf dem Notebook bei Vergrößerung untersuchen ob alles OK

Fokussierung Russentonne an Sony NEX-5R

Die Russentonne wird wie ein Foto-Objektiv vorne am “Tubus” mit einen großen Ring fokussiert.

An einem sternklarer Abend (7.3.2016) und ich konnte meine Russentonne mal an astronomischen Objekten erproben.
Belichtungszeit 30 sec, ISO 1600 – Nachführung offenbar gut, Fokus absichtlich noch zu kurz eingestellt.

Abbildung 6:  Russentonne Fokus noch zu kurz (Google Drive: DSC08086_Fokussieren.jpg)


Fokussieren Russentonne: Alpha Gem (Castor): Fokus noch zu kurz eingestellt.

Nun das Ganze im besten Fokus. Belichtung 30 sec, ISO 1600. Die Nachführung scheint nicht ganz optimal zu sein. Die Fokussierung ist besser.

Abbildung 7: Russentonne besser fokussiert (Google Drive: DSC08087_Fokussieren.jpg)


Fokussieren Russentonne: Alpha Gem (Castor)

Fokussieren mit einem Motorfokussierer

Neuerdings habe ich einen motorisch betriebenen Fokussierer. Nach vielem Probieren habe ich mich im Jahre 2023 für den ZWO EAF entschieden.

Damit kann ich per Software den Fokussier-Motor betätigen – also ohne das Teleskop physisch zu berühren.

Wenn die Software imstande ist, Fotos zu machen und darin die Fokusqualität zu ermitteln kann, landen wird schließlich bei einem Autofokussierer. So eine Möglichkeit bietet z.B.:

Astrofotografie: Russentonne Rubinar Macro 5,6 / 500

Gehört zu: Foto-Objektive
Siehe auch: Fokussieren, Google Fotos
Benutzt: Fotos von Google Drive

Stand: 14.7.2021

Russentonne Rubinar Macro 5,6 / 500

Auf der Suche nach Astrofotografie ohne große Teleskope bin ich schon des öfteren auf die legendäre “Russentonne” gestoßen. Nun ergab sich kurzfristig die Möglichkeit eine gebrauchte Russentonne zu bekommen.

Gestern, am 24.2.2016 habe ich aus dem Nachlass eines Amateurastronomen eine sog. Russentonne erstanden.  Dies ist im Prinzip ein Kamera-Objektiv mit langer Brennweite, das wie ein kleines astronomisches Cassegrain-Teleskop gebaut ist und als Anschluss nach hinten ein M42-Gewinde hat.

Ich gehe davon aus, dass diese Russentonne schon in einem für astronomische Einsätze geeigneten Zustand ist (Entspannung der Optik, Fokus etc.).

http://www.photoinfos.com/Fototechnik/Objektive/Rubinar-5.6-500mm.htm 

Abbildung 1: Russentonne Rubinar 5,6 / 500 (Google Drive: Photoinfos_Russentonne.jpg)

Montierung der Russentonne auf ein Fotostativ

Die Russentonne hat eine breite Ringschelle mit einem Innengewinde von 1/4-Zoll. Daran kann ich eine Schnellwechselplatte anschrauben, die dann auf einen Kugelkopf und an ein Fotostativ passt…

M42-Adapter für Kamera

Kameraseitig hat meine Russentonne ja ein M42-Gewinde. Der bei mir vorhandene handelsübliche M42-Adapter (M42*1) für meine Sony NEX 5R passt mit der M42-Seite bestens an die “Russentonne”. Fokussierung bis unendlich scheint bei terrestrischen Objekten zu funktionieren.

Abbildung 2: Meine Russentonne an der Sony DSLR (Google Drive: DK_20160225_Russentonne.jpg)

M42-Adapter für 1,25 Zoll Okulare – Die Russentonne als “Spektiv”

Um alle Möglichkeiten der Russentonne auch einmal mit Okularen auszuprobieren, habe ich jetzt einen Adapter M42*1 auf T2  (ganz kurz) und einen Adapter T2 auf 1,25 Zoll mit Ringklemmung erstanden.

In der Tat kann ich jetzt meine vorhandenen Okulare Meade 13,8mm Super Wide Angle und Mead OR 9mm in die Ringklemmung tun und am vorderen Ring der Russentonne fokussieren. Das funktioniert.

Abbildung 3: Adapter M42 für die Russentonne (Google Drive: TS-Service_M32-T2-125.jpg)

Adapter M42 auf 1,25″ Ringklemmung (Cpoyright Teleskop-Service)

Fokussierung Russentonne mit Sony NEX-5R

Ich befestige meine Sony NEX-5R mittels M42-Adapter an der Russentonne. Das Gesichtsfeld des APS-C-Sensors ist 2,7 x 1,8 Grad.

Die Russentonne wird wie ein Foto-Objektiv vorne am “Tubus” mit einen großen Ring fokussiert.

An einem sternklaren Abend (7.3.2016)  konnte ich meine Russentonne mal an astronomischen Objekten erproben.

Abbildung 4: Belichtungszeit 30 sec, ISO 1600 – Nachführung offenbar gut, Fokus absichtlich noch zu kurz eingestellt. (Flickr: DSC08086_Fokussieren.jpg)

Russentonne Fokussieren 1

Abbildung 5: Nun das Ganze im besten Fokus. (Google Drive: DSC08087_Fokussieren.jpg)

Russentonne Fokussieren 2

Belichtung 30 sec, ISO 1600. Die Nachführung scheint nicht ganz optimal zu sein. Die Fokussierung ist sehr schlecht.
Die Qualität der Fokussierung bei dieser Russentonne ist für Astrofotografie unzureichend.

Schlussfolgerungen zur Russentonne

  1. Die Russentonne eignet sich wegen der schlechten Fokussierung nicht für Astrofotografie und ich werde sie wieder gebraucht verkaufen. Ich werde stattdessen mein 135 mm Fotoobjektiv ausprobieren.
  2. Auch bei der Russentonne muss man sich mit den Fragen der Nachführung (SkyTracker hat gereicht ) und den Fragen des Auffindens von Beobachtungsobjekten (bei einem Gesichtsfeld von 2,7 x 1,8 Grad nicht so einfach) befassen.  Eine computergesteuerte Goto-Montierung wäre ganz bequemsten.