Physik: Die Bra-Ket-Notation

Gehört zu: Quantenphysik
Siehe auch: Komplexe Zahlen, Vektorräume, MatrizenWellenfunktion

Stand: 01.08.2025

Die Bra-Ket-Notation

Warnung / Disclaimer

Diesen Blog-Artikel schreibe ich ausschließlich zu meiner persönlichen Dokumentation; quasi als mein elektronisches persönliches Notizbuch. Wenn es Andere nützlich finden, freue ich mich, übernehme aber kleinerlei Garantie für die Richtigkeit bzw. die Fehlerfreiheit meiner Notizen. Insbesondere weise ich darauf hin, dass jeder, der diese meine Notizen benutzt, das auf eigene Gefahr tut.
Wenn Podukteigenschaften beschrieben werden, sind dies ausschließlich meine persönlichen Erfahrungen als Laie mit dem einen Gerät, welches ich bekommen habe.

Zu der Bra-Ket-Notation gibt es enorm viele YouTube-Videos:

Vektorräume

In der Quantenphysik arbeiten wir mit Vektorräumen V über den komplexen Zahlen \(\mathbb{C}\) d.h. man kann einen Vektor aus V mit einer komplexen Zahl multiplizieren und bekommt wieder einen Vektor aus V.

Zu einem quantenpysikalischen System gehört dann ein solcher Vektorraum wobei ein Element aus diesem Vektorraum, also ein einzelner Vektor, den “Zustand” des Systems beschreiben soll. Um den Zustand festzustellen, werden wir eine Messung vornehmen.

Ket-Vektoren

Einen Vektor \( \vec{v} \in V \)

scheibt man in der Quantenphysik gern als sog. Ket-Vektor: \( |v\rangle \)

Einig sind sich alle Authoren über die Frage, was ein Ket-Vektor ist: eben ein “normaler” Vektor aus unserem Vektorraum V (also ein “Spaltenvektor”):

\( |v\rangle  = \left( \begin{array}{c} v_1 \\\ v_2 \\\ \vdots \\\ v_n  \end{array}\right) \)

Vektorbasis

Wir wählen eine Basis des Vektorraums: \( \{ |b_1\rangle, |b_2\rangle,\cdots,|b_n\rangle\} \).

Wobei:

\( b_1 = \left( \begin{array}{c} 1 \\\ 0 \\\ \vdots \\\ 0  \end{array}\right),  \) \( b_2 = \left( \begin{array}{c} 0 \\\ 1 \\\ \vdots \\\ 0  \end{array}\right) , \cdots , \) \( b_n = \left( \begin{array}{c} 0 \\\ 0 \\\ \vdots \\\ 1  \end{array}\right) \)

Nun kann ich jeden Vektor aus V als Linearkombination einer Vektorbasis darstellen:

\( |v\rangle  = v_1 b_1 + v_2  b_2 + \cdots + v_n  b_n \\\)

So eine Vektorbasis könnte man eine “kanonische” nennen, alle diese Basisvektoren sind orthogonal (s.u.) zueinander und haben die Länge (s.u.) 1. Deshalb sagt man auch es sei eine “orthonormale Basis”.

Bra-Vektoren

Jeden Ket-Vektor \(  | \, v \rangle \) können wir in einen sog. Bra-Vektor konvertieren:

\( \langle v \, | := \left[ | v \rangle \right]^\dagger = {\left[ | v \rangle \right]^\ast}^T \)

Wobei v* der komplex konjugierte und vT der transponierte Vektor ist. Man nennt das Ganze “hermitisch konjugiert” und schreibt das mit dem hochgestellten Dagger-Symbol.

Allgemein gesagt, sind Bra-Vektoren einfach nur Zeilenvektoren, also ohne das da etwas konjugiert komplex wird. Ich kann dann aber jeden Ket-Vektor in einen Bra-Vektor “konvertieren”, indem ich die gleichen Koeffizienten nehme und diese komplex konjugiere (s.o.).

In der Praxis versteht man Bra-Vektoren grundsätzlich als konvertierte Ket-Vektoren und schreibt gleich:

\( \langle v \,|  = \left( \begin{array}{r} v_1^\ast & v_2^\ast & \cdots & v_n^\ast  \end{array}\right) \\\)

Der etwas nachdenkliche Mathematiker fragt sich:

  • “Konjugiert komplex” ist ja zunächst nur für Skalare (komplexe Zahlen) definiert. Kann man auch zu einem Vektor den konjugiert komplexen bilden?
  • Mit endlichen Dimensionen geht das ja alles so. Aber in der Quantenphysik wird man doch mit Hilberträumen unendlicher Dimension arbeiten. Wie funktionieren diese Konzepte denn da?

Skalarprodukt

Wenn wir vom Skalarprodukt (=inneres Produkt) zweier Vektoren v und w sprechen, meinen wir eigentlich die zwei Ket-Vektoren:

\( | v  \rangle  \cdot | w \rangle \\\)

Um das Skalarprodukt zu definieren, konvertieren wir den Ket-Vektor \( | \, v \rangle \) in einen Bra-Vektor \( \langle  v \, | \) und scheiben abgekürzt: \( \langle  v | w \rangle  \) und berechnen das als übliche Matrixmultiplikation Zeile mal Spalte.

Formal können wir das so beschreiben: Wir wählen wir eine Basis des Vektorraums: \( \{ |b_1\rangle, |b_2\rangle, |b_3\rangle,…\} \). Das geht immer, da jeder Vektorraum eine Basis hat und definieren das Skalarprodukt zunächt für diese Basisvektoren (damit wir eine orthonormale Basis bekommen):

\( \langle b_i | b_j \rangle := \delta_{ij} \)

Mit diesem Skalarprodukt ist die Basis per Konstruktion “orthonormal”.

Wenn wir nun unsere Vektoren v und w als Linearkombination dieser Basisvektoren schreiben:

\( | v \rangle  = \sum{v_i |  b_i \rangle} \)
und
\( | w \rangle = \sum{w_i | b_i \rangle} \)

definieren wir als Skalarprodukt der Vektoren v und w einfach:
\( | v \rangle \cdot | w\rangle := \sum{{v_i}^\ast \cdot w_i}  \)

und schreiben es auf als: \( \langle v | w \rangle \)

Nun müssen wir der guten Ordnung halber noch zeigen, dass dieses allgemeine Skalarprodukt tatsächlich eine Erweiterung des für unsere Basisvektoren definierten Skalarprodukts ist. Wir nehmen also zwei Basisvektoren |bi> und |bj> und bilden das Skalarprodukt nach der erweiterten Regel:

Die Komponenten von |bi> sind δij und die Komponenten von |bj> sind δji .
Und damit ist das Skalarprodukt nach erweiterter Definition:

\( \langle b_i |  b_j \rangle = \sum{{\delta_{ij}}^\ast  \delta_{ji} } = \delta_{ij} \)

Was übereinstimmt mit der ursprünglichen Definition des Skalarprodunkts zweier Basisvektoren.

Das so definierte Skalarprodukt ist nicht mehr kommutativ, sondern “hermitisch”; d.h.:

\( \langle v | w \rangle  = \langle w | v \rangle ^\ast \\ \)

Das Skalarprodukt eines Vektors mit sich selbst ist immer reelwertig und “positiv definit”. Dies nehmen wir als “Norm” oder auch “Länge” eines Vektors (zum Quadrat):

\( {| v |}^2 := \langle v | v \rangle \)

Hilbertraum

Die Quantenphysiker arbeiten gern mit einer Wellenfunktion, deren Funktionswerte in einem Hilbertraum liegen. Ein Hilbertraum ist ein Vektorraum von unendlicher Dimension, der ein Skalarprodukt hat (Prä-Hilbertraum) und vollständig ist.

In der Quantenphysik verwendet man ja immer Hilberträume über den komplexen Zahlen. Die Elemente eines solchen Hilbertraums sind also Vektoren, die wir als Zustände des betrachteten quantenphysikalischen Systems verstehen. Eine Wellenfunktion soll den Zustand eines quantenmechanischen Systems beschreiben; der Definitionsbereich wäre Ort und Zeit, der Wertebereich ein Hilbertraum, der zu dem quantenmechanischen System gehört.

Um mit dieser Wellenfunktion etwas “netter” umzugehen, hat Jean Paul Dirac (1902-1984) die nach ihm benannte Dirac-Notation erfunden, bei der man sogenannte Bra-Vektoren und Ket-Vektoren hat; zusammen gibt das das Wort “Braket”.

Zunächst schreibt man also ganz normale Vektoren als Ket-Vektoren. Also statt: \( \vec{w} \) schreibt man: \( |w\rangle \). Generell sind Ket-Vektoren “normale” Vektoren aus einem Vektorraum V über \(\mathbb{C}\). Man kann sie sich als “normale” Spaltenvektoren vorstellen.

Wenn man einen Bra-Vektor geschrieben \( \langle v|\) unabhängig vom Begriff des Ket-Vektors und streng mathematisch für einen Hilbertraum V definieren will, dann ist ein Bra-Vektor eine lineare Form \( v: V \to \mathbb{C}\). Bra-Vektoren kann man sich als Zeilenvektoren vorstellen.

So ein Bra \( \langle v|\) kann dann auf einen Ket \( | w \rangle\) angewendet werden, was man schreibt als: \( \langle v|w \rangle \in \mathbb{C} \).

Wenn man so eine lineare Form \( v: V \to \mathbb{C}\) als Zeilenvektor auffasst, dann ist <v | w> das Skalarprodukt (innere Produkt) der beiden Vektoren.

In einer Bra-Ket-Notation verwendet man innerhalb der Notation häufig Kurz-Symbole für den Vektor oder die Linearform. Beispielsweise statt:

\( a  |\Psi_1\rangle + b  |\Psi_2\rangle \\ \)

schreibt man einfach:

\( a  |1\rangle + b  |2\rangle \\ \)

Matrizen

Wir betrachten quadratische Matrizen beliebiger Dimension, also z.B.:

\( M = \left( \begin{matrix} m_{1,1} & m_{1,2} & m_{1,3} \\ m_{2,1} & m_{2,2} & m_{2,3} \\ m_{3,1} & m_{3,2} & m_{3,3} \\ \end{matrix} \right) \)

Wobei die Elemente der Matrix irgendwelche komplexen Zahlen sind.

Eine Matrix M kann ich auf einen Vektor anwenden und bekomme wiederum einen Vektor. Das rechne ich als gewöhnliche Matrizenmultiplikation: Matrix mal Spaltenvektor1 = Spaltenvektor2. In Bra-Ket-Notation sieht das so aus:

\( M | \, v \rangle = | \, w \rangle  \)

Die Matrix M definiert also eine Abbildung \( v \mapsto w  \)

Hermitische Matrizen

Zu einer Matrix M können wir die komplex konjugierte Matrix M* elementweise definieren.

Ebenso können wir zu einer Matrix M die transponierte Matrix MT definieren.

Wenn wir nun unsere Matrix M zuerst transponieren und dann komplex konjugieren kommen wir sog.  “Hermitisch konjugierten”:

\( M^\dagger = {(M^T)}^\ast \\\)

Wenn eine Matrix gleich ihrer Hermitisch kongugierten ist, nennen wir sie Hermitisch und schreiben statt M lieber ein H. Also:

\( H = H^\dagger \\\)

Diese Hermitischen Matrizen haben nun eine wichtige Bedeutung in der Quantenphysik.

Messungen

Das betrachtete Quantenmechanische System soll ein Versuchsaufbau sein, bei dem wir einen Anfangszustand herstellen “präparieren” und wo wir dann eine physikalische Größe “Observable” messen wollen. Interessanterweise führt so ein Experiment in einem  quantenmechanischen Systemen immer (häufig?) nur zu einer endliche Anzahl von verschiedenen Meßergebnissen. Beispielsweise: Elektron Spin Up oder Spin Down.

Zur Beschreibung so eines Quantenmechantischen Experiments nehmen wir nun einen Hilbertraum mit soviel Dimensionen wie es verschiedene Meßergebnisse gibt und identifizieren jedes Messergebnis mit einem Basisvektor des Hilbertraums.