Gehört zu: Polar Alignment
Siehe auch: SharpCap, Polar Alignment mit QHY PoleMaster, ComputerFlachmann, PHD2 Guiding, Polar Alignment mit N.I.N.A.
Benutzt: Fotos aus Google Archiv
Stand: 09.12.2022
Methoden zum Polar Alignment – Einnorden – Einsüden
Wenn ich eine äquatoriale (parallaktische) Montierung habe, so muss diese “Eingenordet” werden, d.h. die Stundenachse der Montierung muss parallel zur Drehachse der Erde ausgerichtet werden.
Wenn die Montierung dauernd an einem festen Platz aufgestellt ist, d.h. “stationär“, muss man das vielleicht einmal im Jahr machen und es macht nichts aus, wenn das etwas dauert und evtl. auch einige Verrenkungen erfordert. Wenn die Montierung “mobil” ist, also Tag für Tag an wechselnden Orten neu aufgestellt wird, möchte man die Einnordung möglichst in kurzer Zeit und ohne körperliche Belastungen durchführen können.
Siehe hierzu auch: Meine mobilen Montierungen
Eine weitere Frage bei der Einnordung ist die anzustrebende Genauigkeit. Dabei wäre die Frage, welche Auswirkungen eine fehlerhafte Polausrichtung auf das geplante astronomische Vorhaben hätte.
- Bei rein visueller Beobachtung muss die Genauigkeit nicht besonders groß sein.
- Beim Fotografieren hängt die erforderliche Genauigkeit der Poljustierung von der Art der Nachführung (nur Rektaszension, auch Deklinaktion) der Genauigkeit der Nachführung durch die Montierung, sowie von Belichtungszeit, Brennweite, Pixelgröße, Sensor-Größe etc. ab.
Beispiel: Ein Fehler in der Polausrichtung um 60 Bogenminuten ergibt für ein Objekt am Himmelsäquator (Dekl.=0 Grad) ohne Autoguiding nur mit dem Tracking der äquatorialen Motierung eine maximale mittlere Drift von 60 Bogenminuten in 6 Stunden; also 10 Bogensekunden pro Minute Belichtungszeit (bei anderen Deklinationen: Cosinus).
Die Genauigkeit der Nachführung durch die Montierung (nur Tracking, nicht Autoguiding) lässt sich mit dem Guiding Assistent von PHD2 Guding sehr schön visualisieren…
Einen Überblick über verschiedene Methoden zur Polausrichtung habe ich in einem separaten Beitrag versucht. Dort habe ich auch berechnet, welche Auswirkungen eine ungenaue Polausrichtung (also wie viele Bogenminuten zeigt die Drehachse meiner Montierung neben den Himmelspol) hat.
Begonnen habe ich mein Einnorden mit dem Polfernrohr meiner Montierung und der sog. Kochab-Methode, die ich von Hartwig Lüthen bei der GvA gelernt hatte.
Meine Montierung ist “mobil” und wird praktisch ausschließlich zur Astrofotografie benuzt. Deshalb muss die Genauigkeit meiner Polausrichtung schon recht gut sein (besser als 2′) und es sollte schnell und bequem gehen. Daher habe ich als zweiten Ansatz dann die Polausrichtung mit QHY PoleMaster gemacht – was hier im Norden sehr gut ging, aber teuer war.
Die QHY PoleMaster war nicht nur recht teuer, sondern beim Verfahren zur software-gestützten Polausrichtung musste man quasi manuell Sternmuster in der Polnähe erkennen – ein richtiges Plate Solving war das nicht. Als SharpCap mit einer echten Plate-Solving-Methode zum Polar Alignment heraus kam, habe ich das ausprobiert und bin jetzt dabei geblieben. Meinen QHY PoleMaster habe ich gebraucht verkauft.
Neuerdings gibt es ein Plugin für N.I.N.A. mit dem man auch ohne ein zusätzliches Guiding-Rohr und ohne notwending einen freien Blick auf en Himmelspol zu haben sehr gutes und schnelles Polar Alignment machen kann.
Polar Alignment mit SharpCap
Polar Alignment ist ein neues Feature in SharpCap 2.9. Die Idee war inspiriert durch PhotoPolarAlign, eine Software von Themos Tsikas. Themos war so freundlich, beim Testen zu helfen und machte auch Verbesserungsvorschläge während der Entwicklung des Polar Alignment Featrures von ShapCap.
Ich verwende jetzt (Dezember 2019) die Version SharpCap Pro. Diese ist kostenpflichtig mit Eur 12,– pro Jahr. Um das kostenlose SharpCap auf das kostenpflichtige SharpCap Pro “aufzurüsten” muss man einen Lizenzschlüssel, den man nach der Bezahlung per E-Mail bekommt in SharpCap unter “Help” eingeben.
Mit der kostenlosen SharpCap-Version kann man das Polar Align “antesten” – für die Stufe “Final Step: Adjust Mount” (s.u.) ist dann aber die kostenpflichtige Lizenz erforderlich.
Wenn das Lizenz-Jahr abgelaufen ist, kann man seine Lizenz kostenpflichtig verlängern (dafür bekommt man in der Regel Freimonate) – ansonsten können die lizenzpflichtigen Features (wie Polar Alignment) nicht mehr benutzt werden.
Die kostenpflichtige Pro-Version hat ausser der Funktion “Polar Align” noch andere zusätzliche Funktionen, die für den Einen oder Anderen interessant sein könnten.
Link: http://www.sharpcap.co.uk/sharpcap/polar-alignment
Was benötigt man für Polar Alignment mit SharpCap?
- kostenpflichtige Version der Software SharpCap Pro
- einen Computer, auf dem SharpCap läuft –> ich nehme dafür meinen Windows Laptop
- Äquatoriale Montierung (Goto nicht notwendig) –> Ich habe die HEQ5 Pro, die Star Adventurer Mini
und den Sky Watcher AZ-GTi - Optik mit Brennweite f=200mm –> nehme da mein Guiding-Rohr GuideScope50
- Kamera mit einem Gesichtsfeld (FoV) zwischen 1 Grad und etwa 5 Grad –> meine GPCAM hat ein FoV von 1,54 x 1,16 Grad
- Grobes Polar Alignment der Montierung auf plus-minus 5 Grad
- Etwa 10-15 Sterne im Gesichtsfeld der Kamera zu sehen (erforderlich ist also eine freie Sicht auf die Gegend des Himmelspols)
- SharpCap mit eingerichtetem PlateSolving (die Funktion “Polar Alignment” sollte sogar ohne dieses allgemeine Plate Solving gehen)
In welchen Schritten läuft das Polar Alignment mit SharpCap ab?
Schritt 0: Montierung aufstellen
Die Montierung sollte schön waagerecht aufgestellt sein, dann würde nämlich die Azimut-Schraube wirklich nur das Azimut bewegen und nicht auch noch so nebenbei die Polhöhe…
Teleskop in “Home”-Position d.h. Gegengewicht nach unten, Teleskop nach oben, Deklination 90 Grad.
Eine grobe Ausrichtung (5 Grad genau) auf den Himmelspol sollte ebenfalls schon gemacht sein.
Das für die Polausrichtung verwendete kleine Teleskop (z.B. das Guiding-Rohr) muss nicht genau parallel zum Hauptrohr ausgerichtet sein. SharpCap verwendet ja die tatsächliche Rotationsachse der Montierung.
Schritt 1: SharpCap einrichten
Da SharpCap beim Polar Alignment ja ein funktionierendes Plate Solving voraussetzt, müssen wir dafür die richtigen Einstellungen überprüfen:
- In der SharpCap-Menüleiste auf: “File –> SharpCap Settings” gehen.
- Dort auf den Reiter “Plate Solving”
- Dort unter “Options” die “Star Detection Noise Threshold” auf 10 oder kleiner einstellen.
Zur Sicherheit könnte man das Plate Solving mit SharpCap auch einmal so, also ohne Polar Alignment, ausprobieren.
Für das Polar Alingment benutzt SharpCap einen “eingebauten” Plate-Solving-Algorithmus, für den keine Internet-Verbindung und auch kein anderes Programm oder Datenbank installiert werden muss.
Abbildung 1: SharpCap-Menüleiste -> File -> Settings (Google Drive: Sharpcap-Settings-01)
In den Einstellungen (Settings) von SharpCap sollten als Erstes die Einstellungen für “Polar Alignment” überprüft werden.
- Correct for Atmospheric Refraction sollte bei Vergleichen mit anderer Software ausgestellt sein, weil Vergleichsoftware so eine Einstellung meist nicht hat.
- Die “Obseving Location” sollte ordentlich eingestellt sein
Schritt 2: SharpCap-Menüleiste: Tools -> Polar Align
Abbildung 2: SharpCap Polar Align (Google Drive: SharpCap_PolarAlign00.jpg)
Schritt 3: Introduction und erstes Bild aufnehmen
Wenn ich im SharpCap-Menü auf “Tools -> Polar Align” gehe, bekomme ich eine Erklärung (Introduction) . Diese Introduction sollte man ruhig mal durchlesen…
Abbildung 3: SharpCap Polar Alignment: Introduction (Google Drive: SharpCap21.jpg)
Nachdem ich das alles gelesen habe klicke ich auf die Schaltfläche “Weiter” (Next).
Schritt 4: Erstes Bild aufnehmen
Bevor SharpCap die erste Aufnahme macht, sollten wir die Belichtungszeit und den Gain so gut einstellen, dass tatsächlich 10-15 Sterne im Gesichtsfeld zu sehen sind. Im Beispiel habe ich eingestellt: 3,5 Sekunden Belichtungszeit und den “Analogue Gain” auf Maximum.
Natürlich sollte die Kamera einigermassen im Fokus sein.
Nachdem wir bei der “Introduction” auf “Next” geklickt haben startet die erste Aufnahme und das Plate Solving.
Abbildung 4: SharpCap Capture First Image (Google Archiv: SharpCap23.jpg)
Hier im “Step 1 – Capture First Image” haben wir noch die Möglichkeit, einige Parameter für das Plate Solving einzustellen. Beispielsweise Minimum und Maximum Star Width.
Die im Bild erkannten Sterne markiert SharpCap mit einem Kästchen (“detected stars”). Dabei werden mit einem gelben Kästchen die Sterne markiert, die dann zum Plate Solving verwendet (“used stars”).
Die Kreisbögen im Bild sind Deklinationskreise um den Himmelspol.
Dieser Schritt ist erfolgreich zu Ende, wenn unter Status das Wort “Working” in “Solved” umspringt.
Dann klicken wir auf die Schaltfläche “Next”.
Schritt 5: Stundenachse drehen und zweites Bild aufnehmen
Nachdem im vorigen Schritt das erste Bild erfolgreich aufgenommen und “gesolved” wurde, hatten wir dort auf die Schaltfläche “Next” geklickt und SharpCap möchte nun ein zweites Bild aufnehmen.
Aber vorher soll man die Montierung um ca. 90 Grad in der Stundenachse drehen.
SharpCap macht dann die zweite Aufnahme und davon wiederum ein Plate Solving.
Abbildung 5: SharpCap Capture 2nd Image (Google Drive: SharpCap24.jpg)
Aus dem ersten und dem zweiten Foto errechnet SharpCap die Position der Drehachse der Montierung und damit wissen wir (bzw. SharpCap), wie weit wir noch weg sind vom Himmelspol (“Polar Align Error”). Danach klicken wir auf die Schaltfläche “Next”.
Schritt 6: Pol-Ausrichtung durch Drehen an den Azimut- und Polhöhen-Schrauben
Jetzt müssen wir die Montierung durch Drehen an den “Schräubchen” für Azimut und Polhöhe (Altitude) so einstellen, dass die Drehachse der Montierung (die Stundenachse) parallel zu Erdachse ausgerichtet ist.
Dabei hilft SharpCap mit einer Darstellung auf dem Bildschirm wo ein Stern mit einem gelben Pfeil gezeigt wird, der durch das Drehen an den “Schräubchen” der Montierung in das Zielkästchen auf dem Bildschirm gebracht werden muss.
Diese optische Hilfe ist quasi eine Projektion der errechneten erforderlichen Korrektur auf einen Stern im Gesichtsfeld. Wer es lieber in Zahlen hätte, kann sich auch nach den numerisch ausgeworfenen erforderlichen Korrekturen “Move Polar Axis: Left/Up” richten.
SharpCap macht dabei laufend Aufnahmen und berechnet durch Plate Solving die noch bestehende Abweichung vom Himmelspol. Ggf. müssen wir uns in mehreren Schritten der gewünschten Genauigkeit annähern.
Man kann das also nicht “remote” machen, sondern muss physisch an der Montierung stehen und einen guten Blick auf den Computer-Bildschirm haben…
Das schöne ist, dass die Genauigkeit der Polausrichtung (Abweichung vom Himmelspol) exakt ausgeworfen wird; im Beispiel unten schließlich 1 Bogenminute und 34 Bogensekunden, was mir dann bei meiner Montierung HEQ5 Pro reichte.
Wenn die Abweichung unter 2′ ist, wird das als “Good” angesehen, eine Abweichung von weniger als 1′ würde als “Excellent” bewertet.
Abbildung 6: SharpCap Polar Alignment: Fehler noch fast 10 Bogenminuten (Google Drive: SharpCap25.jpg)
Abbildung 7: Sharpcap Polar Alignment: Fehler nun weniger als 2 Bogenminuten (Google Drive: SharpCap26.jpg)