Astrofotografie und Fitswork

Gehört zu: Astro-Software
Siehe auch: Elektronische Bildbearbeitung (Image processing), Aufnahmeverfahren Workflow , FITS-Bildformat, Signal-Rausch-Verhältnis, Google Fotos
Benutzt: Fotos von Google Drive

Stand: 27.9.2022

Warum Fitswork?

Das FITS-Bildformat (Flexible Image Transport System) ist in der Astrofotografie der Standard. Es wurde 1981 von der NASA entwickelt und ist auch u.a. von der IAU und der ESA anerkannt. Bei den Bildern des Hubble Space Telescope kommt beispielsweise der “Fits Libarator” zum Einsatz.

Amateurastronomen verwenden gern die Software Fitswork. Das ist ein kostenloses Programm, was sich bei Sternfreunden großer Beliebtheit erfreut.

Als Eingabe werden 8-Bit-Formate (JPG, BMP, PNG) unterstützt sowie auch FITS- und TIFF-Formate mit 16 oder 32 Bit Farbtiefe.
Auch die meisten Kamera-RAW-Bilder können direkt in Fitswork eingelesen werden (dazu benötigt man eine spezielle DLL s.u.).

Ich kann also mit Fitswork sehr gut Summenbilder, die mit DeepSkyStacker (DSS) erstellt wurden (“gestackt” wurden), weiterbearbeiten; d.h. Fitswork-Input: autosave.fit von DSS, Fitswork-Output: Save as TIF 16 Bit.

Ich arbeite mit der Fitswork-Version 4.47.
Leider wird Fitswork nicht mehr weiterentwickelt, lediglich die DLL zum Einlesen von RAW-Bildern wird ab und zu verbessert (dcrawfw1477.zip).

Bezugsquelle: https://www.fitswork.de/software/

Aktuelle Version: 4.47 (Okt. 2018)

Weiterführende Links

Hohmann EDV:  http://astrofotografie.hohmann-edv.de/fitswork/arbeitsfenster.psfmodus.php

Fitswork Anleitung: https://www.fitswork.de/anleitung/speziell.php

Einzelbilder “Stacken”

Man kann mit Fitswork auch Bilder “stacken”, was man aber normalerweise mit DeepSkyStacker oder mit Theli macht.

Bildbearbeitung mit Fitswork

Nach dem Stacken mit DeepSkyStacker (DSS) kann man das Ergebnis des DSS sehr schön mit Fitswork weiter bearbeiten.

Z.B.

  • Bildrand beschneiden
  • Farbkorrektur
  • Bildstatistik mit Fitswork
  • Stretchen
  • Vignettierung entfernen
  • Gradienten entfernen – Background Extraction
  • PSF Messungen – Deconvolution – Schärfen – Rauschen
  • PSF Anwendungen (Filter etc.)
  • Farbtrennung RGB
  • Speichern als 16 Bit oder 32 Bit

Bildrand beschneiden mit Fitswork

Als erstes sollte man den Bildrand beschneiden, da meistens vom Stacken kleine Verschiebungen da sein können.

Wenn ich Einzelbilder mit DeepSkyStacker summiere, hat das Summenbild “autosave.fit” oft einen kleinen schwarzen Rand. So ein ganz schwarzer Rand macht sich auch im Histogramm bemerkbar durch ein kleines Gebirge ganz links im Histogramm, wo noch gar keine Bild-Pixel liegen.

Abbildung 1: Fitswork Histogramm Bildrand abschneiden (Google Drive: Fitswork_Histogramm-03.jpg)

Fitswork Histogramm 03: Bildrand abschneiden

Einen solchen Rand schneiden wir als allererstes ab: Mit der Maus das Nutz-Bild markieren und dann auf das Icon “Schere” klicken. Im Histogramm ist nun das kleine Gebirge der dunkelen Rand-Pixel verschwunden.

Abbildung 2: Fitswork Histogramm Bildrand abschneiden (Google Drive: Fitswork_Histogramm-04.jpg)

Fitswork Histogramm 04: Bildrand abschneiden

Farbkorrektur mit Fitswork  / Color Calibration

Meine Astrofotos, die ich mit meiner Kamera Sony NEX-5R bzw. Canon EOS 600D aufnehme, zeigen häufig in den drei Fraben (Rot, Grün, Blau) unterschiedliche Spitzen im Histogramm. Das kann ich mit Fitswork sehr leicht korrigieren indem ich mit der Maus auf einen neutral grauen Bereich klicke und im sich dann öffnenden Kontextmenü “Umgebung (15×15) als Grauwert” anklicke. Das Ergebnis kann ich im Histogramm kontrollieren (aber nicht nocheinmal übertragen!).

Fitswork Farben im Histogramm: Vorher – Nachher

Abbildung 3: Farben im Histogramm – Vorher (Google Drive: Fitswork_Histogramm-01.jpg)

Fitswork Histogramm 01: Farben vorher

Abbildung 4: Farben im Histogramm – Nachher (Google Drive: Fitswork_Histogramm-02.jpg)

Fitswork Histogramm: Farben nachher

Bildstatistik mit Fitswork

Ein mit einem digitalen Sensor gemachtes Bild besteht aus vielen Pixeln und jeder Pixel hat einen Helligkeitswert (ADU), den der ADC für das jeweilige Pixel ausgegeben hat.

Als Signal kann man nun den Mittelwert und als Rauschen die Standardabweichung dieser ADU-Werte nehmen. Dies können wir z.B. mit der Software Fitswork folgendermassen messen:

  1. Wir öffnen das betreffende Foto in Fitswork
  2. Wir markieren den zu messenden Bereich durch ziehen mit der rechten Maustaste (bzw. wir messen das ganze Bild)
  3. Rechtsklick öffnet ein Kontextmenü, wo wir “Statistik für den Bereich” auswählen…

In der Astrofotografie definiert man den Signal to Noise Ratio (SNR) nun einfach als:

\(SNR = \frac{Average ADU}{Standard Deviation ADU}\)

Stretchen mit Fitswork

Mit Stretchen bezeichnet man eine Bearbeitung des Histogramms mit dem Ziel in interessanten Bereichen des Bildes mehr sehen zu können. Dazu wird man das Histogramm spreitzen (= stretchen) wollen. Der Sensor einer modernen Digitalkamera bildet die Helligkeitsstufen sehr gut linear ab. Je nachdem ob diese Linearität bei Stretchen erhalten bleibt oder nicht spricht man von

  • linearem Stretchen
  • nicht-linearen Stretchen

Mir einem linearen Bild kann man immer noch Photometrie betreiben; wir werden aber häufig zum nicht-lineraren Stretchen greifen müssen und haben danach “nur noch” sog. Pretty Pictures.

Welche Objekte sollte man “Stretchen”?

  • Deep Sky Objekte (Galaxien, Planetarische Nebel,…)
  • Aurora Borealis (Polarlicht, Nordlicht) ?
  • Milchstraße ?
  • Sternfelder ?

Die Bearbeitung des Histogramms kann durch Software wie Fitswork, GIMP, Photoshop o.ä. erfolgen. Wichtig ist, dass die Software dafür eine 16 Bit Digitalisierung benutzt.

Allerdings muss man beim Fitswork-Histogramm aufpassen. Fitswork schlägt beim Öffnen eines Bildes (und des Histogramms) bereits Reglerpositionen für links (Schwarzpunkt) und rechts (Weißpunkt) “automatisch” vor. Wenn man die Histogramm-Bearbeitung (Stretchen) erst später in einem anderen Programm machen will, darf man die von Fitswork “vorgeschlagenen” Werte nicht übernehmen; d.h. nicht in das Histogramm klicken und dort nicht “Übertragen” wählen. Evtl sicherheitshalber den rechten Regler weiter nach rechtsschieben…

Fitswork-Einstellungen

Dieses Verhalten von Fitswork kann man unter Einstellungen -> Bilddarstellung beeinflussen:

Abbildung 5: Fitswork Einstellungen – Bilddarstellung (Google Drive: Fitswork_Einstellungen.jpg)

Fitswork Einstellungen für automatisches Stretchen

Wie funktioniert das “Stretchen” im Histogramm?

Der linke Regler beim Histogramm setzt “fast schwarze” Pixel auf “ganz schwarz”; d.h. es wird links abgeschnitten (“geclippt”).

Der rechte Regler schneidet die ganz hellen Pixel ab, sodass das verbleibende Bild heller und kontrastreicher wird. Gravierender Nachteil ist, dass im Bereich der helleren Sterne Information verloren geht; man sieht ein “Ausblühen” der Sterne. Im Normalfall muss der rechte Regler also völlig Tabu sein.

Der mittlere Regler beim Histogramm ist etwas dubios. Man kann damit die Gradationskurve anheben oder absenken.
Wenn man nur diesen mittleren Regler bewegt (und nicht den linken und nicht den rechten), dann sieht man, dass dadurch die Gradationskurve genau in der Mitte angehoben (Fitswork: Regler nach rechts) oder abgesenkt (Fitswork: Regler nach links) wird.

Experten empfehlen folgende Vorgehensweise:

  1. Linken Regler nach rechts an das “Gebirge” vorsichtig heranfahren  (Achtung: nichts abschneiden)
  2. Rechten Regler so lassen, wie er ist.
  3. Mittleren Regler etwas “aufdrehen” (Fitswork: nach rechts)  so etwa in den rechten Anfang des “Gebirges” fahren
  4. Abspeichern
  5. Punkte 1-2-3 wiederholen, ggf. mehrfach…

Vignettierung entfernen mit Fitswork

Was sich in Fitswork elegant und einfach machen lässt ist z.B.

  • Entfernen einer Vignettierung: Bearbeiten -> Ebenen -> Hintergrund ebnen Sterne
  • Bearbeiten > Ebenen > Hintergrund ebenen Nebel
  • Bearbeiten > Ebenen > Zeilen gleichhell

Vorsicht: Bei einem Foto was sowieso “echte” Gradienten enthält (z.B. M31), erzeugt dieses Glätten des Hintergrunds unschöne Artefakte. Also dann nicht anwenden.

Gradienten entfernen – Hintergrund entfernen – Background Extraction

Am 27.9.2014 habe ich im Niendorfer Gehege Wide-Field-Aufnahmen machen wollen und dabei das Problem bekommen, dass ich bei horzontnahen Objekten (im Beispiel die Schildwolke) einen starken Helligkeitsverlauf hatte (zum Horizont hin wurde es immer heller). Bei einen solchen starken Gradienten habe ich zu einer “brutalen” Methode gegriffen: Subtrahieren des Hintergrunds.

  • Fotos Stacken
  • Daraus den Hintergrund ableiten: Bearbeiten -> Glätten -> Gauss glätten  Radius=100, Stärke=100%
  • Die beiden Bilder subtrahieren: Bilder kombinieren: Substrahieren (gestacktes Bild minus Hintergrundbild)

Fitswork PSF Messungen

PSF steht für “Point Spread Function” und bedeutet wie ein Lichtpunkt (mal als Original angenommen) auf dem Foto “verwischt” wird (durch Seeing etc.). Das wird so eine Art Gauss’sche Glockenkurve sein. Von dieser “Verwisch-Funktion” interessiert z.B. der sog. FWHM-Wert (Full Width Half Maximum).

Mit Fitswork kann man einerseits solche PSF-Daten ausmessen, andererseits eine PSF-Funktion anwenden in einem Filter.

Zum Ausmessen fährt man mit der Maus über das Bild auf einen Stern und drückt dann die Taste “L” (L = Lock). Damit friert die Anzeige in der rechten Werkzeugleiste ein und man kann die Fitswork “Messwerte” ablesen. Bei jedem Drücken der Taste “L” erscheinen Fitswork-Messwerte, die man auch in einer Tabelle sammeln kann. Dazu setzt man bei Menü -> Einstellungen -> Verschiedenes den zweiten Haken bei “<L> PSF zusätzlich in einem separaten Fenster anzeigen.”

Abbildung 6: Fitswork PSF Messung (Google Drive: Fitswork_PSF_02.jpg)

Fitswork PSF Infos

Später kann man durch Drücken der Taste “Esc” diesen Lock-Modus wieder verlassen.

Abbildung 7: Fitswork PSF in Farben (Google Drive: Fitswork_PSF.jpg)

Fitswork PSF Messung

Man kann so die Position (X und Y in Pixeln), die Halbwertsbreiten (fwhmA und fwhmB), sowie Flux und Mag ablesen, wobei Fitswork diese Werte für die drei Farben Rot, Grün, Blau separat anbietet. Um die Farbe zu wechseln muss man auf den Text “Grün” (s. Bild) klicken.

Erik Wischnewski beschreibt in seinem Buch “Astronomie in Theorie und Praxis”, wie man mit den drei Werten von fwhmB eine Einschätzung des Restfarbfehlers einer Optik vornehmen kann:

Man geht auf einen Stern und notiert die Werte für fwhmB für Rot, Grün und Blau als bRot, bGrün und bBlau und vergleicht diese als bRot/bGrün, bGrün/bGrün und bBlau/bGrün. Damit hat man einen sog. RGB-Chromasietest.

Wenn man eine PSF Verwischungsfunktion ermittelt hat (wie auch immer), kann man diese anwenden bei bestimmten Schärfungsfiltern, im Prinzip zum “Entfalten”

Fitswork PSF Anwendungen (Filter etc.)

xyz

Farbtrennung mit Fitswork

Mit Fitswork kann man auch ein Farbfoto (z.B. RGB) aufstplitten in drei schwarz/weiß-Bilder: eins für Rot, eins für Grün eins für Blau….

Das geht so: Menü -> Bearbeiten -> Farb-Bild in 3 s/w Bilder aufteilen.

Man erhält dann drei s/w Bilder:

  • Blau_von_<Dateiname>
  • Gruen_von_<Dateiname>
  • Rot_von_<Dateiname>

die man dann separat bearbeiten könnte.

Zum Schluss könnte man die drei s/w Bilder wieder zu einem Farbbild (RGB) zusammensetzen mit: Menü -> Bilder kombinieren -> 3 s/w Bilder zu RGB Bild…

Speichen mit Fitswork

Wenn man das Bild noch weiterbearbeiten möchte, ist es sinnvoll das Bild in einem 16-Bit-Format zu speichern; z.B. TIFF 16 Bit Ganzzahl mit Komprimierung.